Auf Merkel-Kurs

Berlin. Nicht nur die SPD will ihr Programm erneuern: Auch die CDU setzte gestern ihre schon im Februar auf einem kleinen Parteitag begonnene Programmdiskussion fort.

Roland Koch gab der Debatte bewusst etwas Würze. Um aus dem Windschatten der Genossen her-auszutreten, stichelte der hessische Ministerpräsident gegen die SPD: Die Union müsse erkennbar machen, "was man anders machen würde, wenn es diesen Koalitionspartner nicht gäbe". Anders heißt für Koch besser. Zumindest in Einem hat er Recht: Bei den Schlagworten der schwarz-roten Koalitionspartner fehlt die Erkennbarkeit. Die großen Volksparteien sind in die Mitte gedriftet und regieren in enger Umarmung. Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit tragen sowohl Union als auch SPD vor sich her. Auf die Ausgestaltung kommt es aber an. Geht es nach der CDU-Führung, dann soll die Partei bis Ende 2007 mit dem neuen Grundsatzprogramm vollends auf den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel einschwenken, die ihre Regierungszeit unter das Motto "Mehr Freiheit wagen" gestellt hat. Das zeigt sich zu allererst beim Personal der 60-köpfigen Programmkommission, die gestern vom CDU-Vorstand einberufen wurde: Sie wird von Generalsekretär Ronald Pofalla geleitet, seine Stellvertreter sind Bildungsministerin Annette Schavan, Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus und der saarländische Regierungschef Peter Müller - alle zählen zu Merkels engsten Vertrauten. Auf fünf Regionalkonferenzen soll das neue Programm erarbeitet werden; Auftakt ist heute in Potsdam. Findungsprozess nicht ohne Konflikte

Frei von Konflikten wird der innerparteiliche Findungsprozess nicht sein: Schon das Motto "Neue Gerechtigkeit durch mehr Freiheit", das den Arbeitnehmerflügel beruhigen sollte, sorgt für Unmut. Viele Unionisten sehen darin eben nicht den "fairen Ausgleich" zwischen Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit, sondern einen wirtschaftsgläubigen Kurs. Zumal die Parteispitze plant, das aktuelle Grundsatzprogramm aus dem Jahr 1994 auch um die bisweilen radikalen Beschlüsse zur Reform der Sozialsysteme zu erweitern, wie es heißt. Vater Staat könne nicht mehr alles richten, lässt Pofalla bereits durchblicken. Merkel möchte das Profil der CDU besonders bei Familie, Bildung und Erziehung, Arbeit und sozialer Gerechtigkeit schärfen. Neben dem sozialpolitischen Kurs dürfte ebenso die Familienpolitik für Streit sorgen. So strebt die Kanzlerin eine Modernisierung des CDU-Familienbildes an, um neue Wählerschichten zu erreichen. Die Verfechter der "traditionellen" Familie lehnen dies ab.

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