Aufschub für den Frieden

Brüssel · Die Europäische Union hält bereits verabschiedete Sanktionen gegen Russland noch zurück, um die zuletzt Hoffnungen weckende Entwicklung in der Ukraine nicht zu gefährden.

Brüssel. "Die Veröffentlichung im EU-Gesetzesblatt, wodurch die Sanktionen in Kraft treten, wird in den nächsten Tagen geschehen", teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am späten Montagabend mit: "Das gibt uns genug Zeit, um die Umsetzung der Waffenruhe und des Friedensplans zu bewerten."
Zuvor hatten sich die EU-Botschafter der 28 Mitgliedstaaten auf eine Verschärfung der erst Ende Juli beschlossenen Wirtschaftssanktionen verständigt, die Moskau zu einem konstruktiveren Verhalten in der Krise zwingen sollen. Da dies nun offenbar der Fall sein könnte, wurde aus dem neuen Maßnahmenpaket eine Art Vorratsbeschluss.
Alle Details zu der zweiten Runde von Wirtschaftssanktionen sind noch nicht bekannt, weil die Veröffentlichung eben noch aussteht, doch geht es Diplomatenangaben zufolge vor allem darum, im Finanzsektor aktiv zu werden.Erschwerter Zugang zu Krediten


Dies heißt konkret, dass europäischen Bürgern und Banken nicht mehr nur untersagt wird, Anleihen oder Papiere der fünf größten staatlichen Geldinstitute Russlands zu kaufen, sondern dieses Verbot auf Staatsbetriebe im Rüstungs- wie im Energiesektor ausgedehnt wird.
Betroffen wären davon vor allem die Ölkonzerne Rosneft, Gazpromneft und Transneft. "Auch denen", so ein EU-Diplomat, "wird nun der Zugang zu Krediten erschwert." Für den Mittelstand ist vor allem von Bedeutung, dass der Export sogenannter Dual-Use-Güter nun noch stärker eingeschränkt wird. Bisher sind Geschäfte mit diesen zivil wie militärisch nutzbaren Produkten nur dann unzulässig, wenn sie direkt an die Armee gingen. Das neue Sanktionspaket enthält eine Liste "zivil-militärischer Abnehmer", also wohl vor allem Zulieferer der Streitkräfte.
An diesem Mittwoch treten die EU-Botschafter erneut zusammen, um einen Lagebericht zur Ukraine zu bekommen. Wann die Sanktionen tatsächlich umgesetzt werden, ist aber noch unklar; Van Rompuy hatte von "wenigen Tagen" gesprochen. Auch die Bundesregierung will Russland nur einen kurzen Aufschub gewähren, um seine gute Absicht unterBeweis zu stellen: "Wir wollen, dass die Sanktionen umgesetzt werden", so ein EU-Diplomat, "da kann man jetzt nicht ein oder zwei Wochen warten."Extra

Der Absturz eines malaysischen Passagierflugzeugs mit fast 300 Toten über der Ost-ukraine ist weder auf menschliches noch auf technisches Versagen zurückzuführen. Der erste offizielle Untersuchungsbericht kommt außerdem zu dem Schluss, dass zahlreiche Objekte die Boeing mit großer Wucht durchlöcherten und diese noch in der Luft zerbarst. Von Raketenbeschuss sprach der niederländische Sicherheitsrat am Dienstag nicht ausdrücklich. Weitere Untersuchungen sollen folgen. Der australische Premier Tony Abbott sagte aber, die Ergebnisse passten zur Annahme seiner Regierung, dass die Maschine von einer großen Boden-Luft-Rakete getroffen wurde. Bei dem Absturz von Flug MH17 der Malaysia Airlines waren am 17. Juli 298 Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon Niederländer. Die ukrainische Regierung und westliche Staaten bezichtigen prorussische Separatisten, die Maschine aus zehn Kilometern Höhe abgeschossen zu haben. Separatistenführer Alexander Sachartschenko bestritt jegliche Verantwortung. Seine Einheiten verfügten gar nicht über die Technik, ein solches Flugzeug in solch großer Höhe abzuschießen. Für Anschuldigungen Russlands und der Aufständischen, ein ukrainisches Militärflugzeug habe die Boeing beschossen, finden sich keine Belege. dpa

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