Aufschwung hält an

Berlin . Der anhaltende Konjunkturaufschwung in Deutschland führt dazu, dass die Arbeitslosenquote im kommenden Jahr erstmals seit 2002 wieder unter die Marke von zehn Prozent fallen wird. Im Gegenzug wird die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs weiter ansteigen, glauben die sechs führenden Forschungsinstitute.

Der Aufschwung wird 2007 zwar deutlich schwächer ausfallen als in diesem Jahr. Mit 1,4 Prozent liegt er aber über den Prognosen vom vergangenen Mai. Auch in diesem Jahr fällt der wirtschaftliche Aufschwung mit 2,3 Prozent erheblich besser aus, als im Frühjahr vorhergesagt. Das ist die höchste Wachstumsrate seit dem Jahr 2000. Diese nach oben korrigierten Zahlen sind Kern des Herbstgutachtens, das die führenden Wirtschafts-Forschungsinstitute gestern der Bundesregierung übergeben haben. Noch im Mai hatten die Wirtschaftsforscher für 2006 nur ein Wachstum von 1,8 Prozent und für 2007 von 1,2 Prozent prognostiziert. Die jetzt nach oben korrigierte Vorhersage nährt die Hoffnung, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter entspannen könnte. Mehr Jobs, weniger Arbeitslose

So gehen die Forscher für das kommende Jahr von einer Arbeitslosenquote von nur noch 9,9 Prozent aus. Das wären deutlich weniger als die 10,4 Prozent, die 2006 im Schnitt erreicht werden dürften. Dagegen wächst die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen in diesem Jahr im Schnitt um 200 000. Für 2007 werden 239 000 prognostiziert. Strittig war unter den Wirtschaftsforschern zunächst, wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte zu bewerten sei. Schließlich einigten sich die Institute in ihrem Herbstgutachten auf die Aussage, dass es dadurch 2007 deutliche Bremseffekte geben werde, weil die privaten Haushalte dann weniger konsumierten. Eine anhaltend gute Exportnachfrage und eine weitere kräftige Investitionsdynamik bei Handel, Handwerk und Industrie verhinderten jedoch, dass durch die Steuererhöhung der Aufschwung komplett abbreche. Einige Institute erwarteten, dass die Konjunktur durch die Mehrwertsteuer merklich an Tempo verliere, heißt es in dem Gutachten. Andere sähen Anzeichen, dass der Aufschwung mittlerweile so stark sei, dass es nur zu einer kurzen Tempodrosselung komme. In diesem Jahr könnten die Steuereinnahmen um bis zu 20 Milliarden Euro über der Frühjahrs-Schätzung liegen. Das staatliche Gesamtdefizit dürfte damit im laufenden Jahr voraussichtlich 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Nach Brüssel hatte Finanzminister Steinbrück (SPD) mit Blick auf die Maastricht-Stabilitätskriterien kürzlich noch 2,6 Prozent gemeldet. Für 2007 erwarten die Institute wegen der Steuererhöhungen, dem Abbau von Steuervergünstigungen und Steuermehreinnahmen infolge einer guten Konjunktur eine Defizitquote von nur 1,4 Prozent. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich in den vergangenen Tagen betont kritisch über die Prognose-Arbeit der Wirtschaftsforscher geäußert. Angesichts der erheblichen Schwankungen zwischen den Frühjahrs- und Herbstsprognosen der Institute würden "ein bisschen Vorsicht und ab und zu eine Fehlerangabe vielleicht den Wirtschaftsforschungs-Instituten auch ganz gut tun". Auf ihrer Pressekonferenz gestern in Berlin räumten die Institutschefs ein, sie hätten die Kraft des Konjunkturverlaufs im Frühjahr wohl unterschätzt. Da die Institute mit einem Wachstum von 2,3 beziehungsweise 1,4 Prozent rechnen, will auch Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf Drängen von Merkel und Steinbrück seine Konjunkturprognose anpassen, wie aus dem Kanzleramt gestern zu erfahren war. Ursprünglich hatte Glos vorgehabt, heute in Berlin für die Regierung eine "noch etwas optimistischere Sicht" der Dinge zu präsentieren. Seine ursprüngliche Prognose sah für 2006 ein Wachstum von mindestens 2,4 Prozent und für 2007 von mindestens 1,5 Prozent vor.

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