Aufstand im Altersheim: Rentner veröffentlicht Fotos von Ekelessen - Betreiber will ihn deshalb rauswerfen

Nürnberg · Mit Fotos seines wenig appetitlichen Essens protestiert der Altenheim-Bewohner Jürgen auf Facebook gegen die schlechte Verpflegung in seinem Heim. Damit ist der lungenkranke Frührentner zwar bundesweit bekannt geworden, muss sich jetzt aber eine neue Bleibe suchen. Denn die Betreiber der Seniorenresidenz wollen den Mann innerhalb von acht Wochen vor die Tür setzen.

 Kulinarischer Höhepunkt für den 26. Juni 2015: Im Heim gibt es gebratenen Pangasius auf Tomatenrahm mit Buttergnocci und Spinat.

Kulinarischer Höhepunkt für den 26. Juni 2015: Im Heim gibt es gebratenen Pangasius auf Tomatenrahm mit Buttergnocci und Spinat.

Foto: Privat/Facebook
 Mittagsmenü am 25.06.: Gemüsebrühe mit Fadennudeln, ein Blatt Eisbergsalat mit Dressing, Schweinegeschnetzeltes Gyrosart" mit Zaziki, Tomatenreis, Vanillepudding.

Mittagsmenü am 25.06.: Gemüsebrühe mit Fadennudeln, ein Blatt Eisbergsalat mit Dressing, Schweinegeschnetzeltes Gyrosart" mit Zaziki, Tomatenreis, Vanillepudding.

Foto: Privat/Facebook

Seit Anfang dieser Woche ist der 63-jährige Jürgen zu einer Internet-Berühmtheit geworden. Angefangen hatte alles damit, dass sich der Mann über das wenig appetitliche Essen in seinem Seniorenheim geärgert hatte. Jürgen lebt in einem Heim, dass in Nürnberg steht und zu einer Kette mit 17.000 Betten gehört. Er ist Frührentner, hat eine Lungenkrankheit und lebt seit zwei Jahren dort. Weil er kaum noch laufen kann, liegt er meist im Bett.

Eines Tages fragte er beim Essen, ob es noch einen Nachschlag gebe. Die Antwort: Nein, es müsse für alle reichen. Da fing er an, das Essen, das nicht einmal so aussieht, zu fotografieren und auf seine private Facebook-Seite hochzuladen. Und weil er Mitglied der Satire-Partei "Die Partei" ist, bekamen andere Parteimitglieder das mit, und eine von ihnen, die Österreicherin Eva Patricia Rußegger, 35, schlug ihm vor, eine eigene Facebook-Seite einzurichten, die sie nach Informationen der Rheinischen Post auch für ihn betreut.

Wer die Gerichte sieht, die dem Frührentner Tag für Tag vorgesetzt werden, könnte denken, Jürgen könne nicht mehr kauen: Auf den Tellern befindet sich an vielen Tagen ein Klecks Brei von undefinierbarer Farbe. Jürgen hat zwar ein paar Probleme mit seiner Zahnprothese, kann aber nach eigenen Angaben problemlos feste Nahrung zu sich nehmen. Wenn er sie denn bekommt.

Seit Anfang der Woche berichten Medien deutschlandweit über Jürgen und den Brei auf seinen Tellern, und seine Facebook-Seite hat inzwischen mehr als 24.000 Fans. Den Betreibern des Heims gefällt das nach Angaben von Rußegger gar nicht. Sie hätten Jürgen mitgeteilt, dass er innerhalb von acht Wochen aus dem Heim ausziehen müsse, sagt Rußegger der Rheinischen Post . Und ihm verboten, sich weiter öffentlich zu dem Thema zu äußern. Jürgen wird seine Facebook-Seite deshalb nicht mit mehr mit neuen Fotos aktualisieren. Sie bleibt aber vorerst online.

Mit der Website möchten Jürgen und Rußegger die Probleme in der Pflege in die Köpfe der jungen Leute bringen. Das Essen ist nur ein Symptom dafür. Denn um das Essen etwas liebevoller zu servieren, fehlt den Mitarbeitern die Zeit. "Man kann mit Menschen, die auf andere Menschen angewiesen sind, keinen Profit machen", sagt Rußegger.

Bei der Suche nach einer neuen Bleibe kann Jürgen auf Unterstützung hoffen. "Er hat Besuch bekommen von Menschen, die ihm gut zureden und ihm sagen, dass sie es toll finden, was er gemacht hat", sagt Rußegger. Einige von ihnen haben ihm angeboten, ihm bei der Suche nach einem anderen Heim zu helfen.

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