Augenzwinkernd

Die Zeiten werden härter und der rauhe Wind der Krise bläst so manchem arg ins Gesicht. Da schaut man gern zurück in die "gute alte Zeit". Was für westdeutsche Snobs ein hipper Trend ist, lässt es so manchem Ostdeutschen warm ums Herz werden.

Die "Ostalgie", der nostalgische Blick zurück in DDR-Zeiten, sorgt derzeit für Kontroversen. Trabbi fahren mag noch Kult sein, Klub-Soda trinken oder F6 rauchen auch, aber heikel wird es, wenn das gesamte DDR-System romantisch-verklärt wird. Das ruft die selbst ernannten Wächter der politischen Kultur auf den Plan. Aber: Kein Bürger kann dem anderen vorschreiben, wie er mit der Erinnerung umgehen soll. Und außerdem: So schlimm können die Zeiten nicht sein, dass ganz Verzweifelte sich wieder eine Diktatur herbeiwünschen. Zudem zeigt die Ostalgie-Welle auch ein Nachholbedürfnis bei manchen Wessis, die auf diese Weise ganz unverfänglich ihren Wissensdurst über den Alltag in der DDR-Zeit stillen können. Letztlich kommt es immer darauf an, wie mit der Vergangenheit umgegangen wird. Im lettischen Riga lockt zum Beispiel die "Stalin-Bar" Nostalgiker zum Biertrinken in Verhör-Raum-Atmosphäre, sinnigerweise im Verhör-Keller der ehemaligen KGB-Dependance. Wer trifft sich dort? Vorwiegend Touristen und ein paar Letten, die sich aus Jux vor der Stalin-Büste fotografieren lassen. Sie nehmen's augenzwinkernd. Und auf genau dieses "Augenzwinkern" kommt es bei solcher "Vergangenheitsbewältigung" an. hp.linz@volksfreund.de

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