Aus dem Ruhestand zurück in die Turnhalle

Trier · Auf Bitten der Schulbehörde hat Volkhart Rosch sein Rentnerdasein unterbrochen: Seit drei Jahren gibt der pensionierte Lehrer Konzer Schülern wieder Sportunterricht. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier hat in der Region im laufenden Schuljahr mindestens 13 Lehrkräfte zurück in den Dienst geholt. Sie unterrichten durchschnittlich 5,5 Stunden pro Woche.

 Mit 73 Jahren als Lehrer zurück an die Schule: Volkhart Rosch. TV-Foto: Katja Bernardy

Mit 73 Jahren als Lehrer zurück an die Schule: Volkhart Rosch. TV-Foto: Katja Bernardy

Trier. Volkhart Rosch hat sich dem Sport verschrieben. Im Trainingsanzug und auf der Laufbahn fühlt sich der Rentner am wohlsten. 1966 hatte er erstmals als frisch examinierter Sportlehrer vor einer Schulklasse gestanden. Dass er auch 46 Jahre später immer noch unterrichten würde, hatte der Leichtathlet damals nicht gedacht.
Auch nicht 2006, als er in Rente ging. "Vor drei Jahren haben sie mich wieder ausgegraben", scherzt der Trierer, der heute 73 Jahre alt ist. Seitdem fährt der Pensionär jeden Dienstag zur Realschule plus in Konz, um in der fünften und sechsten Stunde Zehntklässlern Sportunterricht zu geben.
Vertretung anderer Kollegen



"Mir macht das unheimlich Spaß", sagt Rosch. Am 3. Dezember unterrichteten nach Auskunft der Aufsichts- und Dienstleitungsdirektion (ADD) zwölf Lehrkräfte, die sich bereits im Ruhestand befinden, in der Region Trier. Ein weiterer Lehrer war zu diesem Zeitpunkt nachmittags in einer Ganztagsschule tätig. Die Zahl bezieht sich laut ADD nur auf den Stichtag 3. Dezember. Darüber, wie viele Lehrer im Ruhestand insgesamt im laufenden Schuljahr eingesetzt wurden, gab die Behörde keine Auskunft.
Fest steht: Mit 73 Jahren ist Volkhart Rosch der älteste unter ihnen. Laut ADD-Pressesprecherin Eveline Dziendziol unterrichten die aus dem Ruhestand geholten Lehrer durchschnittlich 5,5 Unterrichtstunden pro Woche. Sie lehren in den Fächern Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Betriebswirtschaftslehre, Französisch, Erdkunde, Sport, Psychologie, Deutsch, Bildende Kunst und Ethik. "Diese Lehrkräfte decken keinen strukturellen Bedarf", betont die ADD-Sprecherin. Sie würden nur zur Vertretung anderer Kollegen, "die vorübergehend abwesend sind", eingesetzt.
Und es gibt einen zweiten Grund, weshalb die ADD auf den Renter-Pool zurückgreift: Dziendziol räumt ein, dass es bei den mathematisch-technischen Fächern problematisch sei, qualifiziertes Personal für eine Vertretung zu finden. Manchmal auch in anderen Fächern. Das Land Rheinland-Pfalz greife daher gerne auf die Hilfe und Unterstützung von Lehrern, die bereits im Ruhestand sind, zurück, sagt Dziendziol. Dies diene der qualifizierten Arbeit in den Schulen und komme den Schülern zugute. Zudem nähmen Lehrkräfte wie Volkhart Rosch Jüngeren keine Stellen weg. Denn auf deren Einstellung habe der Einsatz der Ruheständler keine Auswirkungen, sagt die ADD-Sprecherin. "Sie besetzen keine Planstellen und verhindern somit auch nicht die Einstellung von Berufsanfängern."
Volkhart Rosch kann sich durchaus vorstellen, bis zu den Sommerferien 2015 Sport an der Konzer Realschule plus zu unterrichten. "Aber mit 75 ist Schluss", kündigt er an. kat
Extra

Einerseits holt die Landesbehörde ADD pensionierte Lehrer zurück in den Schuldienst. Andererseits baut das Mainzer Bildungsministerium in diesem Jahr nach eigenen Angaben bis zu 100 Lehrerstellen ab (der TV berichtete). Das ärgert Opposition und Lehrerverbände. Sie meinen: Es fallen zu viele Stunden aus, der Philologenverband in Rheinland-Pfalz fordert deswegen mindestens 600 neue Stellen. Das Land setzt auf Sparmaßnahmen und begründet dies mit sinkenden Schülerzahlen. Zugleich hat die Landesregierung einen Vertretungslehrerpool mit verbeamteten Stellen geschaffen, der auf bis zu 1000 Lehrer ausgebaut werden soll. Voll ausgebildete Junglehrer streben unbefristete Stellen an; in der Praxis sieht das anders aus. Von mehr als 700 Absolventen des Lehramtsstudiums erhielten nach Gewerkschaftsangaben zu Beginn des Schuljahrs 2012/2013 40 Prozent keinen Job. Tausende schlügen sich mit befristeten Verträgen durch. red

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