Aus der Hartz-IV-Klemme auf den Weg zum Ingenieurstitel

Trier · "Sie will kein Sozialfall sein, sondern studieren", titelte der Volksfreund vor wenigen Wochen über den Kampf einer alleinerziehenden Triererin mit der Förderpolitik. Seitdem ist viel passiert. Nicht nur, dass die junge Frau nun doch Bafög bekommt. Es haben sich auch zwei TV-Leser gemeldet, um sie finanziell bei ihrem Studium zu unterstützen.

Trier. Nadine W. will kein Hartz IV mehr beziehen, sondern ihr Bauingenieursstudium zu Ende bringen und selbst für sich und ihren zweijährigen Sohn sorgen. Während ihres fünften Semesters an der Fachhochschule Trier war die 26-Jährige ungeplant schwanger geworden. Der Vater des Kindes verließ sie nur wenige Wochen nach der Geburt und zahlte auch keinen Unterhalt. Sie hängte ihr Studium an den Nagel, um sich um ihr Baby zu kümmern und bekam Hartz IV.
Nur ist das nicht das, was sie will. "Ich möchte mein Kind und mich selbst versorgen", sagte die junge Mutter. Also beschloss sie im Februar 2012, ihr Studium zu Ende zu bringen.
Als sie ein Jahr später, im Februar 2013, den Volksfreund kontaktierte, war sie nach mehreren gescheiterten Anträgen und frustrierenden Behördengängen zu dem Schluss gekommen, dass "es offenbar absolut nicht gewollt ist, dass jemand aus Hartz IV ausbricht".
Denn obwohl dem Bafögamt zufolge noch drei Semester förderfähig wären und sie in dieser Zeit ihren Abschluss machen will, wurde ihr das Bafög verweigert. Die schriftliche Begründung: "Das öffentliche Interesse an einer sparsamen Verwendung der von der Allgemeinheit aufzubringenden Mittel überwiegt gegenüber Ihrem Interesse an einem zu finanzierenden Abschluss Ihrer Ausbildung". Für Nadine W. heißt das übersetzt: Drei Semester Bafög ist sie dem Staat einfach nicht wert. Paradox daran findet sie: Hartz IV würde man ihr einfach weiterzahlen. Sie studierte trotzdem, nahm einen Ausbildungskredit auf, der für zwei zum Leben kaum reichte, legte Widerspruch ein und ging an die Öffentlichkeit.
Seitdem ist viel passiert. Nicht nur, dass das Bafög dann plötzlich doch bewilligt wurde - voraussichtlich nicht nur rückwirkend für das inzwischen abgelaufene, sondern auch für die noch ausstehenden zwei Semester.
Nachdem man Nadine W. beim Bafögamt erkannt hatte, brachte man sie zudem zum Studierendenwerk. Dieses gewährte ihr ein Darlehen, das mit der Bafög-Nachzahlung für das vergangene Semester verrechnet wird. Und sie erhielt Hinweise auf ein Stipendium, um das sie sich bewerben könnte.
Noch viel mehr überrascht und gerührt hat Nadine W. allerdings, dass sich zwei Volksfreund-Leser gemeldet haben, die ihr und ihrem Sohn finanziell helfen wollen. "Für mich grenzt so viel Großzügigkeit an ein Wunder", sagt sie. "Jetzt liegt es an mir, das in mich gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen", sagt sie. Sie hofft, in den nächsten Wochen ihre Klausuren zu bestehen. "Dann ist alles gut" - und sie könne Kind und Studium entspannter unter einen Hut bringen.

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