Aus drei Kassen soll eine werden

Eine Fusion von Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und der IKK Südwest scheint beschlossene Sache zu sein. Die Chefs sind sich nach Recherchen des Trierischen Volksfreunds einig. Die Verwaltungsräte müssen noch zustimmen.

Trier. Hinter verschlossenen Türen wird schon seit Monaten verhandelt. Die Chefs der Innungskrankenkasse (IKK) Südwest, Frank Spaniol, und der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Rheinland-Pfalz, Walter Bocke-mühl, wollen die Fusion der Kassen. Mit im Boot wäre dann auch die saarländische AOK, die bereits mit der rheinland-pfälzischen eng kooperiert. Weder Spaniol noch Bockemühl, die mittlerweile Duzfreunde sind, dementieren, dass es solche Gespräche gibt. Es bestehe aber kein zeitlicher Druck, sagt Spaniol. Es gebe auch noch andere Interessenten an der IKK.

"Solche Gespräche führt man nur, wenn sie auch Sinn machen", sagt der AOK-Chef gegenüber unserer Zeitung. Während viele der rund eine Million Versicherten der AOK Arbeiter und Rentner sind, sind unter den 682 000 IKK-Versicherten überwiegend junge Gutverdiener. Ein Zusammenschluss würde zu einer attraktiven Versichertenstruktur führen. Die neue Kasse würde auf finanziell sicheren Füßen stehen.

Der Druck auf die Kassen wächst



Die IKK machte im ersten Halbjahr ein Plus von 3,2 Millionen Euro, die AOK laut Bockemühl sogar 32 Millionen. Zusammen mit den 235 000 Mitgliedern der AOK hätte die neue Kasse rund zwei Millionen Versicherte. Da die Kassenbeiträge einheitlich von der Bundesregierung festgelegt werden, würde sich für die Versicherten der drei Kassen nichts ändern. Es wäre nach der im April erfolgten Fusion der AOK Niedersachsen mit der dortigen IKK der zweitgrößte kassenübergreifende Zusammenschluss. Bislang sind zumeist gleichartige Kassen, wie etwa Ersatzkassen oder aber Allgemeine Ortskrankenkassen verschiedener Länder, zusammengegangen.

Der Fusionsdruck auf die Kassen wächst. Die Bundesregierung will die Zahl der derzeit noch 169 Krankenkassen auf 30 bis 50 reduzieren.

Bis zur Hochzeit von AOK und IKK Südwest seien aber noch "einige dicke Bretter" zu bohren, sagt Spaniol. Eines davon dürfte die Zustimmung der Verwaltungsräte der Kassen mit insgesamt 86 Mitgliedern sein. Diese Gremien, die sich aus jeweils der gleichen Anzahl von Versicherten- und Arbeitgebervertretern zusammensetzen, kontrollieren den Vorstand und müssen einer Fusion zustimmen. Widerstand kommt vor allem vom 28-köpfigen IKK-Verwaltungsrat. Historisch bedingt sind noch immer viele Handwerker in den IKK versichert, die sich aus den Gesellenorganisationen der Handwerker entwickelt haben. Sie befürchten, in der neuen Kasse "unterzugehen", wie ein Arbeitgebervertreter des IKK-Verwaltungsrates dem TV sagte. Zumindest müsse der Name IKK bestehen bleiben. Aber auch die AOK will ihren Namen nicht aufgeben.

Erst nach den im November beginnenden Sozialwahlen soll eine Entscheidung fallen. Mit diesen alle sechs Jahren stattfindenden Wahlen können die Versicherten die Besetzung der Verwaltungsräte mitbestimmen. Die neuen Verwaltungsräte werden sich im Juli konstituieren. Erst dann können die Gremien von AOK und IKK eine Fusion für Herbst 2011 beschließen. Dann müssen noch das Bundeskartellamt und das Bundesversicherungsamt zustimmen. Sowohl das saarländische als auch das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium haben nach TV-Informationen dem IKK-Verwaltungsrat wohl empfohlen, zuzustimmen. "Es geht um die Zukunftssicherung der AOK Rheinland-Pfalz und ihre strategische Ausrichtung", sagt die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer unserer Zeitung.

Ein weiterer Streitpunkt dürfte der Standort der neuen Kassen sein. Bockemühl besteht auf den derzeitigen AOK-Standort im pfälzischen Eisenberg. Ausgemacht zu sein scheint hingegen, dass IKK-Chef Spaniol Chef der neuen Kasse wird. Der 44-jährige Saarländer führte im vergangenen Jahr die rheinland-pfälzische und die saarländische IKK zusammen. Auf jeden Fall wäre der neue Posten für Spaniol finanziell attraktiv. Im vergangenen Jahr lag seine Vergütung bei rund 80 000 Euro. Zum Vergleich: Bockemühl verdiente rund 176 000 und der saarländische AOK-Chef 137 000 Euro.

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