Aus für Kennzeichen-Erfassung

Entgegen ersten Plänen bekommt die Polizei in Rheinland-Pfalz voraussichtlich keine gesetzliche Handhabe zur automatischen Erfassung von Autokennzeichen mit Digitalkameras. Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) sagte unserer Zeitung, die Option sei in den Entwurf für ein neues Polizeigesetz aufgenommen worden, "um es zu prüfen. Aber die Neigung besteht, es wieder herauszunehmen". Datenschützer und SPD im Landtag hatten nach Bekanntwerden der Pläne protestiert.

Mainz. Auch wenn Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) von einer automatischen Erfassung von Autokennzeichen zu Fahndungszwecken jetzt abrückt: Festhalten will er an Plänen zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern zur Abwehr von drohenden schweren Gewalttaten oder Terroranschlägen.

Bisher darf nur das Bundeskriminalamt (BKA) spezielle Spähprogramme ("Bundestrojaner") über das Internet auf die Festplatten Verdächtiger einschleusen. Bruch zeigt Verständnis für den Wunsch der Polizeigewerkschaft GDP nach weitergehenden Befugnissen: Die Landespolizei soll auch direkten Zugriff auf den Computer haben, wenn sie auf richterliche Anordnung heimlich in die Wohnung von Verdächtigen eindringt. Vor Ort installierte Späh-Programme oder Hardware-Elemente sind laut Experten am effektivsten, um Festplatten-Inhalte noch vor dem Verschlüsseln zu greifen. Die SPD-Fraktion im Landtag dürfte damit noch Bauchschmerzen bekommen. Warum sollte die SPD weitergehenden Befugnissen im Land zustimmen, wenn sie im Bund ihre kritische Haltung schon zum BKA-Gesetz zeigte, fragt ihr Polizeiexperte Carsten Pörksen.

Das absehbare Aus für die digitale Kennzeichen-Erfassung stößt auf Zustimmung. "Wenn es so käme, dass diese Befugnis für die Polizei gestrichen wird, wäre das sehr zu begrüßen", sagt der stellvertretende Landesbeauftragte für den Datenschutz, Klaus Globig. Automatische Kennzeichenlesesysteme würden auch Zehntausende unverdächtige Bürger erfassen und mit dem aktuellen Fahndungsbestand abgleichen. "Dadurch entsteht erst mal ein Datenbestand, der grundsätzlich sensibel und missbrauchsanfällig ist." Die Voraussetzungen dafür stehen theoretisch schon seit 2004 im Polizeigesetz. Sie wurden aber nie angewandt und 2008 durch ein Verfassungsurteil über ähnliche Regelungen in Hessen und Schleswig-Holstein gekippt. Für Bruch ist die Erfahrung anderer Länder entscheidend, wonach die Erfolgsquote unter einem Promille beträgt. Die GdP könnte den Wegfall verschmerzen; nicht verzichten will ihr Landeschef Scharbach aber auf die Online-Durchsuchung und das heimliche Eindringen die in Wohnungen Verdächtiger: "Auch wenn es nur äußerst selten zum Einsatz kommen sollte, brauchen wir diese Möglichkeit zur Abwehr äußerst schwerer Gefahren."

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