Ausgeschieden und dennoch am Ball

Mainz · Wo Gewinner strahlen, trauern auch Verlierer. Die beiden ehemaligen Fraktionschefs von CDU und SPD im Landtag, Christian Baldauf und Jochen Hartloff, tragen ihr Schicksal mit Fassung. Beide haben neue Aufgaben und wollen ihre Nachfolger unterstützen.

Mainz. Gerade hat Hoffnungsträgerin Julia Klöckner ihre erste Bewährungsprobe im Parlament mit einer guten Rede bestanden und genießt den Jubel der CDU-Abgeordneten, da kommt ihr Vorgänger Christian Baldauf und umarmt sie herzlich. Wenig später eilt Jochen Hartloff von der Regierungsbank zum neuen SPD-Fraktionschef Hendrik Hering und schüttelt ihm nach dessen Ausführungen die Hände.
Neue Rolle mit neuem Cabrio


Man kann in diesen emotionalen Momenten nur erahnen, wie es im Inneren von Baldauf und Hartloff aussehen mag. Ganz freiwillig sind beide nach fünf Jahren nicht aus ihren Ämtern geschieden. Der CDU-Politiker hat die komplette Bühne einer Frau überlassen, nachdem er überzeugt wurde, sie sei besser geeignet als er. Der Sozialdemokrat hat wie ein Löwe darum gekämpft, die Fraktion weiter zu führen, musste sich aber beugen. Einer, der nie als Freund von Baldauf galt, findet beim Vergleich der beiden Jungfernreden von Baldauf 2006 und Klöckner 2011 zwei Worte: "Kein Vergleich". Damit hat Eifel-Rebell Michael Billen schon ausgedrückt, was alle denken.
Was macht nun jemand, der den Titel "Erster Stellvertreter" führen darf? Christian Baldauf wirkt keinesfalls geknickt. "Ich bin rundum zufrieden. Das ist alles völlig richtig so." Der Rechtsanwalt aus Frankenthal lacht wie immer viel und betont, dass es diese Funktion auch in anderen Landtagen gibt.Dann erzählt er, es sei "ganz schön, nicht mehr zu jeder Kappensitzung zu müssen".
Ach ja, ein neues Cabrio hat sich der 43-Jährige auch zugelegt, einen Mercedes SLK, "ein Schnäppchen". Damit lässt er, der wie gewünscht in der CDU-Fraktion für den Bereich Wirtschaft und Recht zuständig ist, sich frischen Wind um die Nase wehen.
Es hagelt Protest


Eher mit mächtigem Gegenwind zu kämpfen hat hingegen Jochen Hartloff. Der Kuseler ist ebenfalls Anwalt und kann die erworbenen Kenntnisse als neuer Justizminister gut nutzen.
Die angestrebte Strukturreform mit den Einsparungen wird insbesondere in Koblenz derart widerwillig betrachtet, dass es Proteste hagelt. Der für sein ruhiges und ausgeglichenes Wesen bekannte Hartloff wird diese Eigenschaften in den bevorstehenden Gesprächen einsetzen müssen.
Dass er allgemein als Verlierer der rot-grünen Koalitionsgespräche angesehen wird, obwohl er erstmals Minister geworden ist, dürfte Jochen Hartloff schmerzhaft bewusst sein. Immerhin hat der 56-Jährige, der so gerne auf die Krawatte verzichtet, sich noch den Verbraucherschutz geangelt. Besser gesagt, man hat ihm diesen Bereich zugestanden, "damit er nicht nur Aktendeckel klappen muss", wie es jemand freundlich formuliert.

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