Ausländische Agenten spionieren Firmen in Rheinland-Pfalz aus

Mainz · Der Verfassungsschutz registriert in Rheinland-Pfalz rege Aktivitäten von ausländischen Spionen. Ihr Ziel sind meist kleine und mittlere Unternehmen, von denen sie geheime Rüstungs- oder Umwelttechnologien abgreifen.

Mainz. Er bevorzugt einen trockenen Martini, geschüttelt und nicht gerührt. Er liefert sich mit seinen Gegnern wüste Verfolgungsjagden. Er verführt Blondinen und Brünette. Doch so auffällig wie der legendäre Filmheld James Bond treten ausländische Agenten im wahren Leben nicht auf. Sie agieren bei ihrer Informationsbeschaffung effektiv und sind unscheinbar wie jenes russische Ehepaar mit gefälschten österreichischen Papieren, das acht Jahre lang in Rheinland-.Pfalz spionierte und erst im Oktober 2011 enttarnt wurde.
"Deutschland besitzt eine hohe Wertigkeit als Zielland, und bei uns stehen vorwiegend exportstarke kleinere und mittlere Unternehmen im Fokus ausländischer Nachrichtendienste", berichtet Innen-Staatssekretärin Heike Raab (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags.
Bei kleinen Firmen seien die Defizite im Datenschutz größer als bei weltweit agierenden Großunternehmen. Russische oder chinesische Spione seien an Rüstungs- und Umwelttechnologien oder an technischen Daten aus dem Maschinen- und Anlagenbau interessiert. Syrische Agenten spähten Regimegegner aus.
Wie leicht das oft geht, demonstriert im Ausschuss Guido Jost vom Verfassungsschutz. Variante eins: elektronischer Spionageangriff auf einen Laptop, den auf Reisen befindliche Geschäftsleute etwa bei einer Kaffeepause im Rahmen einer Präsentation unbeaufsichtigt lassen. Angreifer nutzen dies, um eine CD-ROM mit einer speziellen Software einzulegen und damit auch ohne Passwort Windows zu starten, um dann Daten abzugreifen.
"Der Besitzer merkt das nicht, und der Angreifer ist nicht identifizierbar", erklärt Jost. Die Software sei sogar kostenlos für jedermann im Internet erhältlich.
Variante zwei: elektronischer Angriff auf USB-Sticks. Auf solchen Geräten haben Geschäftsleute oft ihre Präsentationen gespeichert.
Die Spione stehlen Infos, indem beim Abspielen der Präsentation auf einem Laptop eine im Hintergrund laufende Schadsoftware in Sekundenschnelle Datenmengen kopiert.
In Rheinland-Pfalz ist der Verfassungsschutz für die Spionageabwehr zuständig. Er beobachtet Verdächtige und kooperiert mit den Behörden des Bundes und der anderen Länder. "Unternehmen, die Hilfe benötigen, können sich gerne an uns wenden", sagt Experte Jost.
Fallzahlen liefert die Innen-Staatssekretärin nicht. Heike Raab erklärt nur, wie schwierig das Geschäft ist: "Agenten nutzen in der Regel diplomatische und konsularische Einrichtungen." Mit anderen Worten: Ihrer ist kaum habhaft zu werden.Extra

Die Landesregierung hat Konsequenzen gezogen aus der unerlaubten "Schnüffelei" der CDU-Abgeordneten Peter Dincher und Michael Billen, die 2009 im Polizeidatensystem Polis nach Nürburgring-Geschäftspartnern forschten. Ein umfängliches Maßnahmenpaket, unter anderem mit einer hundertprozentigen Anlassprotokollierung, mehr Stichproben und einem neuen Handbuch sei umgesetzt und von einem externen Unternehmen geprüft worden, sagte Staatssekretärin Heike Raab im Innenausschuss. Das Risiko missbräuchlicher Nutzung sei erheblich reduziert, der Datenschutz nun vorbildlich.fcg

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