Autofahrer sollen Kassen stopfen

BERLIN. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) ist auf der Suche nach neuen Einnahmequellen. Der Verkauf von Autobahnen könnte 15 Milliarden Euro bringen. Bringt die Privatisierung der Fernstraßen auch die Maut für PKW, wie am Wochenende spekuliert wurde?

Ob Franz Müntefering, Reinhard Klimmt oder Kurt Bodewig, keinem der Verkehrsminister der letzten Jahre blieb die Frage erspart - sind sie für eine PKW-Maut? "Mit mir nicht", lautete dann stets die Antwort. Manfred Stolpe ist nun der erste, der die Gebühr für denkbar hält. Aus der Not heraus. Denn die Haushaltsmisere zwingt die Bundesregierung dazu, neue Finanzquellen für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur aufzutun. "Wir müssen die Straßennutzer durch Privatisierungsmodelle beim Straßenbau stärker an den Kosten beteiligen", sagte der SPD-Mann am Wochenende. Bau, Betrieb, Erhaltung und Finanzierung von Straßen könne an Private übertragen werden. "Zur Refinanzierung erhalten diese dann das Recht zur Erhebung von Mautgebühren - egal ob PKW oder LKW." Neu ist das nicht, solche Modelle gibt es bereits in Deutschland. Hinter Stolpes Vorstoß verbirgt sich aber wohl eher der grundsätzliche Gedanke einer PKW-Maut. Schließlich geistert diese Überlegung, allen Verneinungen der letzten Jahre zum Trotz, schon lange durch die Köpfe der Politiker. Im Herbst 1999 beispielsweise hatte der ehemalige Verkehrsminister und jetzige SPD-Chef Franz Müntefering eine Kommission ins Leben gerufen, um neue Finanzierungsformen für die Bundesverkehrswege erarbeiten zu lassen. Das Gremium unter dem Vorsitz des ehemaligen Bahn- und Telekom-Vorstandes Wilhelm Pällmann schlug damals schon die PKW-Maut vor.Auch bei der Opposition gibt es ähnliche Ideen

Auch bei der Opposition gibt es seit längerem diese Gedankenspiele - vergangenes Jahr noch forderte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Manfred Carstens (CDU), die Einführung einer PKW-Maut zwischen 20 und 150 Euro, um das damals von der Bundesregierung geplante Vorziehen der Steuerreform finanzieren zu können. Inzwischen geht es aber nicht mehr um Steuerentlastungen und deren Gegenfinanzierung, sondern auch bei Minister Stolpe herrscht Kassennotstand. Nicht zuletzt wegen der Einnahmeausfälle durch die verpatzte LKW-Maut. Die Einführung einer generellen Nutzungsgebühr auf allen Straßen lehnt er zwar noch ab. Aber private Investitionen würden im Verkehrsbereich zunehmen, so der Minister - und er fügte hinzu: "Diese zusätzlichen finanziellen Mittel werden gebraucht. Das nächste Jahr wird schlimm." Anfang Januar war Stolpe in dieser Frage allerdings noch auf Konfrontation zu Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) gegangenen, der eine Privatisierung etwa von Autobahnen angeregt hatte. Die Grünen-Haushaltsexpertin Antje Hermenau wertete Stolpes Überlegungen jedenfalls als positiv. Es sei "eine richtige Idee, die Autobahnen zu privatisieren, um den Verkehrsetat nachhaltig zu entlasten", sagte sie. Der Verkauf aller Autobahnen könne mindestens zehn bis 15 Milliarden Euro einbringen, so Hermenaus Rechnung. "Damit können wir 2005 alle Haushaltslöcher stopfen", befand sie. Der Verkehrsexperte der Grünen, Albert Schmidt, meinte hingegen: "Ich halte nichts von dieser Idee." Scharfe Kritik auch von den Automobilklubs. Schließlich werde der gesamte Straßenbau bereits über KFZ-, Mineralöl- und Mehrwertsteuern finanziert. Mehr als 50 Milliarden Euro nehme der Staat allein über diese Quellen ein, doch nur die Hälfte davon verwende er für den Straßenbau, so der ADAC.

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