Autos machen den Kanzler böse

BERLIN. Als Chef der Bundesanstalt für Arbeit ist Florian Gerster in einige Fettnäpfchen getappt. Die drohen ihm allmählich zum Verhängnis zu werden, sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder ist zunehmendsauer.

Mit üppigen Vorschusslorbeeren ist Florian Gerster im Frühjahr 2002 vom Stuhl des Mainzer Sozialministers in seinen neuen Job als Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA) gestartet. Er schicke seinen "besten Mann" nach Nürnberg, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder damals mit breitem Grinsen. Das Lachen dürfte dem Kanzler mittlerweile vergangen sein, droht die Personalie Gerster doch zunehmend die vielschichtig gestresste Bundesregierung noch mehr in die Bredouille zu bringen: Nach der zu erwartenden Rüge des Bundesrechnungshofs am Finanzgebahren des Behördenchefs sorgt jetzt die Bestellung mehrerer Hundert neuer Dienstwagen für zusätzliche Schlagzeilen. Nach WMP nun also BMW: Jenseits der Umstände des umstrittenen Beratungsvertrages mit der Berliner Kommunikationsagentur WMP EuroCom wurde am Wochenende eine pikante Bestellung publik: Gerster soll für die Leitungsebene der Bundesanstalt 300 neue Dienstwagen der Marke BMW (Baureihe 320) bestellt haben. Laut "Welt am Sonntag" handelt es sich sogar um 900 Autos im Gesamtwert von 22 Millionen Euro. Dies wurde aber dementiert. Eine Sprecherin der Bundesanstalt sagte, richtig sei der Abschluss eines Leasing-Vertrages mit einem Berliner Fuhrpark-Unternehmen über 300 BMW für das Jahr 2004, mit Optionen für die folgenden Jahre. Im kommenden Jahr seien im Etat jedenfalls nur vier Millionen Euro für Leasingraten eingeplant. Die genauen Inhalte dieses Vertrages blieben am Sonntag unbekannt. Gerster schweigt zu den Vorwürfen

Gerster äußerte sich bis zum Abend nicht persönlich zu den neuen Vorwürfen. So blieben auch die Berichte des "Spiegel" und der Dortmunder "Ruhr Nachrichten" unkommentiert im Raum stehen, wonach der Bundesrechnungshof den umstrittenen Beratervertrag Gersters mit der WMP als rechtswidrig einstuft. Nach Angaben der staatlichen Kontrolleure ist das Prüfverfahren allerdings noch nicht abgeschlossen. Gerster war in die Kritik geraten, weil er der WMP ohne öffentliche Ausschreibung einen Beratungsvertrag über 1,3 Millionen Euro zugeschanzt und dies mit der angeblichen "Eilbedürftigkeit" des Auftrags begründet hatte. Diese Eilbedürftigkeit konnte Gerster indes nicht nachweisen. Auch hat er sich bislang geweigert zu bekunden, was die WMP für die bereits gezahlten 500 000 Euro eigentlich geleistet habe. Dies wolle er zuerst dem Verwaltungsrat der BA mitteilen. Die Sitzung an diesem Dienstag wird mit Spannung erwartet, zumal Gerster auch in Sachen BMW in Erklärungsnöte kommen könnte. Der 54-jährige Ex-Bundestagsabgeordnete und Sozialminister von Rheinland-Pfalz hat seit seinem Aufstieg zum hoch bezahlten Chef der Nürnberger Bundesanstalt (Grundgehalt 250 000 Euro) für Ärger und Schlagzeilen gesorgt. Noch nicht richtig im Amt, verlangte er schon Leistungskürzungen für Arbeitslose und die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Zum Amtsantritt machte er sich die Mammutbehörde BA (90 000 Mitarbeiter) zum Gegner, als er ankündigte, mit "gut der Hälfte" der Leute auskommen zu können. Es ging weiter mit der Luxus-Renovierung der Vorstandsetage für 1,8 Millionen Euro und dem Umstand, dass Gerster sich weigerte, von seinem Wohnort Worms nach Nürnberg umzuziehen. Statt dessen logiert er in einem Hotel. Forsche politische Stellungnahmen, Ungereimtheiten bei weiteren Verträgen (laut "Spiegel" sind die Kosten für die Unternehmensberater McKinsey und Roland Berger von 55 Millionen auf 62,5 Millionen Euro gestiegen), Probleme mit dem neuen "virtuellen Arbeitsmarkt" ("Bea") und nun die neuen Vorwürfe sollen auch des Kanzlers Laune vermiest haben. Schröder ist sauer auf den Parteifreund

Schröder sei sauer auf den Parteifreund, meldete kürzlich die "Berliner Zeitung". Längst auf Distanz sind die Gewerkschaften gegangen, die wie die Arbeitgeber im Verwaltungsrat der BA sitzen. Die Union hat ihn auf dem Kieker und verlangt seinen Rücktritt. Sollte es dazu kommen, wäre der gelernte Diplompsychologe aber - im Gegensatz zu den 4,18 Millionen Arbeitslosen, die er zu verwalten hat - gut abgesichert: Nach Informationen der "Bild am Sonntag" hat sich Gerster ein ordentliches Übergangsgeld in seinen bis 2007 datierten Arbeitsvertrag schreiben lassen. Diese Zahlung erfolge auch bei einem freiwilligen Ausscheiden des Behördenchefs.

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