Bauerntag: Merkel zeigt Verständnis für Sorgen der Landwirte

Was wäre das Land ohne seine Landwirte? "Ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahren nicht abnehmen, sondern zunehmen", prognostizierte gestern Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Deutschen Bauerntag in Berlin.

Berlin. (has) Das Bühnenbild beim Deutschen Bauerntag hatte eine gewisse Symbolik - links zwei Traktoren, rechts die Deutschlandfahne, in der Mitte das Rednerpult vor einer saftig-grünen Wand. Schon jetzt genießt der Berufsstand ein Ansehen, von dem er vor Jahren nur träumen konnte. Die steigenden Agrarpreise und die weltweiten Hungerkrisen werden die Rolle der heimischen Landwirte weiter stärken. Das heißt aber nicht, dass es keine Probleme gibt. Im Gegenteil. 60 Jahre ist der Bauernverband inzwischen alt, und er hat rund 300 000 Mitglieder. Beim Verbandstag mit all seinen unterschiedlichen Diskussions- und Themenforen wurde erneut deutlich: Die eine Landwirtschaft in Deutschland gibt es nicht. Kaum eine andere Branche ist so breit gefächert aufgestellt wie der Agrarbereich - und genau das macht es für den Lobbyverband und dessen Präsidenten Gerd Sonnleitner so schwierig. Schweinehalter, Fleischerzeuger, Getreidebauern, Geflügel- und Pflanzenzüchter oder Biobauern, zu gegenläufig sind die Interessen, zu unterschiedlich die Sorgen und Nöte der unzähligen einzelnen Sparten. Irgendjemand ist immer unzufrieden, mit der Politik, dem Handel, mit dem Verband, und meist sogar zu Recht. Je nachdem, was hergestellt wird, wie groß der Betrieb ist und wie wirtschaftlich er arbeitet. "Eine Branche in permanenter Reform", meinte Kanzlerin Merkel. Bestes Beispiel sind die Milchbauern: Weil sie sich über Jahre vom Bauernverband vernachlässigt fühlten, gründeten sie ihre eigene Standesvertretung - und die ließ den Worten Taten folgen: Es wurde gestreikt und blockiert, in kürzester Zeit schlossen sich dem Milchbauernverband BDM 30 000 Landwirte an. Und prompt sicherten die Discounter höhere Milchpreise zu, selbst der Verbraucher zeigte Verständnis. In nur einem Monat erreichte man also mehr als der Bauernverband über Jahre.Zu viel versprechen wollte die Kanzlerin nicht

Als Landwirt muss man wohl ständig um faire Preise ringen - dieser Schuh drückt immer, gerade in Zeiten der Globalisierung. Die meisten werden gleichzeitig von einer "Kostenlawine überrollt", beklagte Sonnleitner. Für Dünger oder Futter zum Beispiel. Auch nervt die EU-Bürokratie: "Man kann nicht so schnell gucken, wie manchmal eine neue Vorschrift kommt", kritisierte selbst Merkel. Brüssel ist für viele ein rotes Tuch, umso mehr, seit die EU-Kommission die 50 Milliarden Euro, die bis 2013 für die Landwirtschaft vorgesehen sind, neu verteilen will. Nicht mehr die Bauernhöfe, die die größte Fläche bewirtschaften, sollen das meiste Geld erhalten, sondern die Mittel sollen gezielter für Klimaschutz-Maßnahmen oder in den Ökolandbau fließen. Die Kanzlerin warnte die EU davor, die Agrarreform von 2003 "auf den Kopf zu stellen. Das wird es in Deutschland nicht geben." Dafür gab es viel Applaus. Zu viel versprechen wollte Merkel den Bauern indes nicht. Wenig Hoffnung machte sie ihnen auf eine Senkung der Agrardiesel-Steuer, die viele Landwirte plagt.

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