Bausparer sauer: Kassen kündigen alte Verträge mit hohen Zinsen - Saarburgerin zieht vor Gericht
Saarburg · Hunderttausenden Bausparern wurde in den vergangenen Monaten ihre Verträge gekündigt. Auch einer Frau aus Saarburg. Sie hat gegen die Kündigung durch ihre Bausparkasse geklagt. Die Kassen begründen die Kündigungswelle mit den niedrigen Zinsen.
66.609,56 Euro. So viel hat eine Frau aus Saarburg in ihrem Bausparvertrag angespart. Seit 2009 war der vor 13 Jahren abgeschlossene Vertrag zuteilungsreif - das heißt, es war genügend Geld angespart, um den Rest der vereinbarten Summe von 75.000 Euro als Darlehen auszahlen zu können. Doch die Frau, die mittlerweile in der Nähe von Bonn wohnt, verzichtete darauf und zahlte weiter auf ihr Bausparkonto ein. Bis ihr ihre Bausparkasse vor einem Jahr einfach so gekündigt hat. Begründung: Zusammen mit einem Bonus von 10.700 Euro sei die Bausparsumme nun erreicht und der Vertrag erfüllt. Dagegen hat die Frau vor dem Landgericht Bonn geklagt. Dieses hat die Klage jedoch abgewiesen, die Bausparkasse sei zur Kündigung berechtigt, urteilten die Richter. Ein Bausparvertrag sei nicht als Geldanlage gedacht, sondern um ein zinsgünstiges Immobiliendarlehen zu erhalten, so die Argumentation des Gerichts und die vieler Bausparkassen.
Denn wie der Frau aus Saarburg geht es derzeit Tausenden Bausparern in Deutschland. Allein bei der Landesbausparkasse (LBS) Rheinland-Pfalz sind nach eigenen Aussagen in diesem Jahr rund 700 von insgesamt 500.000 Kunden die Verträge gekündigt worden. "Die beispiellose Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank" sei schuld daran, sagt LBS-Sprecher Ulrich Lehrbach. Die niedrigen Zinsen schwächten die Erträge der Bausparkassen erheblich.
Betroffen sind zumeist Verträge, die vor zehn Jahren und früher abgeschlossen wurden, als die Bausparkassen noch bis zu fünf Prozent Zinsen angeboten haben. Verzichten die Bausparer nun auf das vereinbarte Darlehen, lassen ihre angesparte Bausparsumme unangetastet auf dem Konto und zahlen weiter die vereinbarte Summe, müssen die Kassen weiterhin die vereinbarte Verzinsung garantieren. "Unter normalen Kapitalmarktverhältnissen" hätten die Bausparkassen das "reine Sparen" oftmals toleriert, sagt Lehrbach.
Fast 1000 Klagen sind bundesweit gegen die Kündigungen von Bausparverträgen anhängig. In den meisten Fällen haben die Gerichte im Sinne der Bausparkassen geurteilt. Ausnahme: Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied, dass die Kündigung eines Vertrags nicht rechtens gewesen sei. Darauf setzt nun auch Gerd Müller, Anwalt der Saarburgerin. Er hat Berufung gegen das Urteil des Bonner Landgerichts eingelegt. "Zur Not gehen wir bis zum Bundesgerichtshof", kündigt der Saarburger Anwalt an.
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