Bayerns Führungs-Tandem außer Tritt

Es knirscht im Gebälk der bayerischen CSU - und das ausgerechnet wenige Monate vor der Landtagswahl am 28. September.

Berlin. Als sich Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine Anfang 1998 gelobten, zwischen sie werde "kein Blatt Papier" passen, dauerte es noch ein Jahr, bis Lafontaine im Streit den Abgang machte. CSU-Chef Erwin Huber und Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein brauchten seit der letzten Aschermittwochskundgebung, bei der sie sich als "Tandem auf Erfolgskurs" präsentierten, nicht einmal zwei Monate, um in öffentliche Disharmonie überzugehen. Das Scheitern des Transrapid, die Finanzkrise der Landesbank und die Verluste bei der zurückliegenden Kommunalwahl haben das neue Führungsduo der Christsozialen zutiefst verunsichert. Vielleicht war es nur ein Freud'scher Fehler, als Erwin Huber Mitte März davon sprach, die CSU werde mit einer "überzeugenden Mannschaft und Ministerpräsident Edmund Stoiber" in die Wahlauseinandersetzung gehen. Die Entmachtung des langjährigen Regierungschefs liegt offenbar noch schwer auf der Seele seiner rebellischen Hintersassen. Sicher nicht tiefenpsychologisch bedingt aber war, dass Huber den Ausgang der Kommunalwahlen Anfang März als "gute Ausgangsposition" bezeichnete, während Beckstein von "überraschend hohen und schmerzlichen Verlusten" sprach.

Und ebenso wenig als Zufall kann gewertet werden, dass Beckstein Ende letzter Woche verkündete, die Verluste der Bayerischen Landesbank aus US-Immobiliengeschäften würden deutlich höher als jene 1,9 Milliarden Euro liegen, die Huber bisher eingeräumt hatte. Die Rede ist nun von vier Milliarden Euro.

Eine Säule trägt noch

Huber, der als Finanzminister zugleich Vize-Verwaltungsratschef der Bank ist, muss sich demnächst einem Untersuchungsausschuss stellen, weil er anfangs im Parlament von viel geringerem Schaden gesprochen hatte. Er reagierte auf Becksteins Enthüllung entsprechend gereizt: Die Bank werde am Donnerstag ihre Zahlen vorlegen. "Alles andere ist im Moment verfrüht."

Das sind nicht die einzigen Streitpunkte. In der CSU gärt es, weil Huber und Beckstein nach der Kommunalwahl eilig eine Korrektur des gerade beschlossenen Nichtraucherschutzgesetzes durchsetzten, um insbesondere das diesjährige Oktoberfest vom Rauchverbot auszunehmen. Viele Funktionäre hadern auch mit dem geschwundenen bundespolitischen Einfluss. Hektisch werden derzeit aus München immer neue Themen lanciert, von der bereits von der Kanzlerin abgelehnten Forderung nach einer Einkommenssteuerreform bis hin zu dem in Berlin ebenso wenig aussichtsreichen Vorschlag der Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale. Nahezu alles, was die CSU bisher so erfolgreich machte - ihr wirtschaftspolitischer Erfolg, ihre Geschlossenheit und ihre Durchschlagskraft im Bund - ist in der Krise.

Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget glaubt deshalb, dass es im September gelingen könne, die absolute Mehrheit der CSU zu kippen. Allerdings hatte auch seine Partei bei der Kommunalwahl Verluste hinnehmen müssen. In Umfragen liegt die SPD stabil bei mageren 20 Prozent, und aus Berlin bekommt sie nicht gerade Rückenwind. Wenigstens die vierte Säule der Vorherrschaft der CSU, die Schwäche der Konkurrenz, scheint also noch zu tragen.

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