Beauftragter Behnke hat keine Zeit, die Baustelle zu inspizieren

Mainz · Der im Herbst anstehende Umbau des Landtags Rheinland-Pfalz wird deutlich teurer als bisher erwartet (der TV berichtete). Nun suchen die im Parlament vertretenen Fraktionen nach einer Lösung, die alle zufriedenstellt.

Mainz. Wenn es politisch heikel wird, ertönt in der Politik oft der Ruf nach dem Rechnungshof oder dem Verfassungsgericht. Dieser politische Mechanismus lässt sich auch bei der Generalsanierung des rheinland-pfälzischen Landtags beobachten. Die geschätzte Kostensteigerung von 40 Millionen auf 52,4 Millionen Euro hat bei Fraktionen und Landesregierung hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Nun soll der Rechnungshof einen Ausweg weisen, genauer: dessen Präsident Klaus Behnke, der auch neuer Wirtschaftlichkeitsbeauftragter der Landes ist. Doch die Speyerer Finanzprüfer haben weder Mittel noch Personal für eine intensive Begleitung des Mammutprojekts.
Brief an Behnke


Am 23. Juli haben die Parlamentarischen Geschäftsführer von SPD (Carsten Pörksen), CDU (Hans-Josef Bracht) und Grünen (Nils Wiechmann) einen Brief an Klaus Behnke geschrieben. Dort erklären sie, dass sie eine begleitende Prüfung durch den Wirtschaftlichkeitsbeauftragten des Landes "für geboten" halten. Alle Fraktionen bitten Behnke höflich, diese Rolle zu übernehmen.
Die Fraktionsspitzen wissen natürlich, dass ein Großteil der politischen Verantwortung - etwa für weitere Kostensteigerungen - postwendend nach Speyer wandern würde. Was der Rechnungshof geprüft hat, gilt politisch als unangreifbar. Und: Schlägt Behnke schmerzliche Abstriche vor, ist es nicht die Politik, die der Sanierung des Parlamentes eine Schrumpfkur verordnet hat.
Doch Behnke lehnt die Rolle als "begleitender Prüfer" ab. "Wir haben keine Kapazitäten, uns um jedes Detail zu kümmern", sagt er auf Anfrage unserer Zeitung. Denn das, was die Fraktionen ihm vorschlagen, würde bedeuten, dass mindestens drei Jahre gewaltige Kapazitäten beim Rechnungshof gebunden wären. Speyer säße quasi bei jedem Bauabschnitt mit am Tisch. Und das während der gesamten Generalsanierung.
Daher ist der Rechnungshof eher bereit, sich die aktuelle Planung anzuschauen und eine Art Empfehlung abzugeben. Dazu würden auch Vorschläge zur Kostensenkung gehören, ohne dem künftigen Landtag die architektonische Würde zu nehmen. Die Umsetzung würde dann dem Architekturbüro und den Fachleuten des Landtags obliegen.
Baustelle ohne Behnke



Behnke würde auch nicht nachmittags über die Baustelle wandern und schauen, ob die Leitungen richtig verlegt werden und die Geschossdecken sauber verschalt sind. Entscheiden müssen am Ende ohnehin die Fraktionen.
In Speyer war man übrigens schon 2013 der Meinung, dass die damals diskutierten 25 Millionen Euro niemals reichen würden. Nach und nach kletterte die Sanierungssumme in die Höhe. Bis das - allseits akzeptierte - Ergebnis des Architektenwettbewerbs in die Summe von 52,4 Millionen Euro mündete.
Saniert werden muss eine Menge. Rettungs- und Fluchtwege fehlen im Deutschhaus, das den Landtag beherbergt. Sitzungsräume sind Mangelware. Das Dach ist nicht gedämmt. Der Plenarsaal muss abgesenkt werden. Ein Anbau für Restaurant, Küche und Technik ist geplant. Das gesamte Gebäude muss komplett entkernt werden. Eine große Frage ist zudem, wie tragfähig die 92 rund 285 Jahre alten Eichenpfähle sind, auf denen der Komplex ruht.
Fraktionen, Landtag und Regierung suchen nun in einer kleinen Baukommission nach einem goldenen Weg. Am Dienstag tagt das Gremium wieder. Manche Beobachter haben das Gefühl, dass die Fraktionen die Entscheidungen lieber auf einen Zeitpunkt nach der Landtagswahl vertagen würden.
Eigentlich soll die Planung im September in die Parlamentsgremien. Am 23. Oktober würde der Landtag ins Mainzer Rathaus umziehen, nach der Wahl 2016 wäre die nächste Zwischenstation die Steinhalle des Landesmuseums.
Doch angesichts der zähen Debatten werden Zweifel laut, ob die neue oder alte Ministerpräsidentin ihre erste Regierungserklärung nicht im Mainzer Rathaus abgeben muss.Extra

Als Sieger eines Architektenwettbewerbs gestaltet das Ludwigshafener Büro Sander/Hofrichter die Sanierung des Landtags. Die GmbH hat sieben Standorte - etwa in Frankfurt, Berlin und München. Aktuellere Projekte sind zum Beispiel das Gesundheitszentrum Glantal Meisenheim oder die Sanierung des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. Das vor fast 300 Jahren erbaute und nach dem Zweiten Weltkrieg neu errichtete Deutschhaus (Sitz des Landtag) stellt auch aus historischer Perspektive eine Her-ausforderung dar. Auf dem Gelände werden Reste der alten Mainzer Stadtmauer vermutet. DB

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