Behandlung Sterbender soll deutlich verbessert werden

Berlin · Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat den Bundestag zur Debatte um Sterbehilfe beglückwünscht. Er sei beeindruckt von der Ernsthaftigkeit der Diskussion am Donnerstag, erklärte Marx am Freitag in Bonn.

Berlin. "Es ist gut, dass unser Parlament solche Debatten möglich macht", sagte der frühere Trierer Bischof Marx. Erfreut zeigte sich der Münchner Erzbischof darüber, dass das Parlament einmütig einen Ausbau der Palliativversorgung für Menschen in der letzten Lebensphase befürwortet habe.
Ermutigend sei auch, dass viele Redner über ein Verbot der organisierten Formen der Förderung der Selbsttötung nachdächten. Marx begrüßte zugleich, dass sich viele Abgeordnete gegen eine dezidierte rechtliche Regelung des ärztlich assistierten Suizids gewandt hätten.
Die 46-jährige Grünen-Abgeordnete Lisa Paus schilderte am Donnerstag im Bundestag das lange Sterben ihres krebskranken Lebensgefährten im letzten Jahr. Mit großer Energie hatte er sich Gifttabletten besorgt. Sie hätten ihm das Gefühl von Selbstbestimmung gegeben. "Am Ende hat er sie nicht genommen." Viele Abgeordnete geben Paus Beifall, auch die, die nicht ihrer Meinung sind, dass es Ärzten und sogar Vereinen erlaubt sein soll, Verzweifelten beim Sterben zu helfen. Das Leben ist im Bundestag angekommen, in Form des Todes.
Die Zuhörer auf der Tribüne spüren wohl, dass die Abgeordneten da unten selbst Schicksale haben. Aber es gibt auch genau die gegenteilige Schlussfolgerung aus ähnlichen Erlebnissen. Franz Müntefering etwa wird immer wieder zitiert. Der Ex-SPD-Chef, der seine erste Frau bis zum Tod gepflegt hat, hat sich per Interview von außen in die Debatte eingemischt: Wo ziehe man die Grenze, ab der Sterbehilfe erlaubt sei, hat er gefragt. "Sind das drei Tage Lebenserwartung oder drei Jahre?"
Gleich der erste Redner, der CDU-Abgeordnete Michael Brand ("Krankheit und Tod saßen bei uns zu Hause immer mit am Tisch"), nimmt darauf Bezug. Er vertritt die Position, dass alle Sterbehilfevereine, ob kommerziell oder nicht, verboten werden sollen, ebenso die Werbung für sie. Denn, so Brand, wenn man die Tür zur Sterbehilfe erst einmal einen Spalt breit öffne, bekomme man sie nicht mehr zu. Die Mehrheit der Unionsfraktion, aber auch etliche aus den anderen Parteien, klatschen.
Die Aussprache dauert fast fünf Stunden und ist ausdrücklich als Orientierungsdebatte gekennzeichnet. 47 Abgeordnete melden sich zu Wort, jeder hat fünf Minuten. Es zeigen sich einige Übereinstimmungen:
Die Behandlung und Versorgung Sterbender muss erheblich ausgebaut werden. Vor allem die Befürworter strikter Sterbehilfe-Verbote bieten das als Alternative an. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der diesem Lager angehört, hat in dieser Woche dazu ein Konzept vorgelegt.
Eine überwältigende Mehrheit will die organisierte Sterbehilfe verbieten, die kommerzielle zumal. Was bleibt, ist ein Konflikt um die Rolle der Ärzte, denn dass es Notsituationen gibt, in denen sie angefleht werden zu helfen, bestreitet kein Redner.
Die ärztliche Beihilfe zum Suizid will eine Gruppe, der auch Ex-CDU-Generalsekretär Peter Hintze und die frühere Familienministerin Kristina Schröder (CDU) angehören, für Notfälle gesetzlich verankern lassen. Doch der Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, will hier nicht weichen. Es müsse immer die oberste Leitlinie seines Berufsstandes bleiben, Leben zu retten, sagt er auf Anfrage zu den Forderungen. "Wir dürfen das Ziel unseres Handelns nicht infrage stellen." wk/KNA

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