Beim Erben gibt es häufig Streit - so auch im Bundesrat

Berlin · Ökostrom-Förderung, Erbschaftsteuer, illegale Autorennen: Die politischen Themen, mit denen sich der Bundesrat gestern befasste, breit gestreut.

Berlin. Letzte Sitzung vor der Sommerpause. Der Bundesrat, die Länderkammer, hatte reichlich Stoff abzuräumen. Und es gab auch reichlich Ärger. Hier die wichtigsten Beratungspunkte: Erbschaftsteuer. Eine unendliche Geschichte. Vor zwei Jahren beschloss das Verfassungsgericht, dass reiche Firmenerben zu sehr begünstigt werden, vor einem Jahr legte die Bundesregierung eine Reform vor, die nach langem Hin und Her der Bundestag beschloss, und gestern - rief die Mehrheit der Länder den Vermittlungsausschuss an. Vor allem SPD-regierte Länder, die finden, dass Firmenerben immer noch zu sehr begünstigt werden und dass das neue Gesetz deshalb so wenig verfassungsgemäß ist, wie das alte.
Allerdings haben die Parteichefs von CDU, SPD und CSU persönlich den Kompromiss ausgehandelt, wie Staatssekretär Michael Meister (CDU) nicht müde wurde zu betonen. Und Horst Seehofer, in Amtseinheit nicht nur CSU-Chef, sondern auch bayerischer Ministerpräsident, erklärte, Bayern bestehe darauf, dass die Firmenerben am Ende nicht stärker besteuert werden als jetzt im Gesetz steht. Es gibt also offenbar wenig Verhandlungsspielraum. Außerdem drängt die Zeit, denn das Verfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber eigentlich nur eine Frist bis Ende Juni gegeben. Zwar gilt das alte Recht zunächst weiter, die Frage ist aber, wie lange Karlsruhe diesen Zustand duldet. Erneuerbare Energien Gesetz. Weil der Bundestag es erst am Freitagmorgen beschloss, das Vorhaben aber unbedingt noch vor der Sommerpause verabschiedet werden musste, wurde das Prinzip "Reitender Bote" wiederholt, das man zuletzt bei der Griechenland-Rettungsaktion angewandt hatte. Nach der Abstimmung im Parlament unterzeichnete Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) das Werk sofort, anschließend fuhr ein Mitarbeiter mit dem Gesetzesoriginal schnellstens vom Reichstag zum zwei Kilometer entfernten Bundesrat, wo die 352 Seiten eilig kopiert und allen Ministerpräsidenten auf den Tisch gelegt wurden.
Großen Ärger verursachte eine Änderung, die in letzter Minute beim Kapitel Windenergie auf See eingefügt worden war. Aus Sorge, die Netzanbindung zu überlasten und, wie Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, "Investitionsruinen auf See" zu fördern, wurde ein verzögerter Stufenplan für den Ausbau erdacht. Dieser bleibt zwar bei einer Gesamtmenge von 7,3 Gigawatt bis 2025, sieht aber zum Beispiel für 2021 nur einen Zubau von 500 Megawatt ausschließlich in der Ostsee vor, null in der Nordsee. Deren Anrainer tobten. Bremen und Niedersachsen lehnten deswegen sogar das ganze EEG ab. Es behindere Investitionen massiv, argumentierte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). Allerdings erhob die Mehrheit des Bundesrats keinen Einspruch gegen das Gesetz. Flüchtlingskosten. Dieser Konflikt wurde überraschend schon am Vorabend bei einem Treffen der 16 Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) geklärt. Acht Milliarden Euro mehr wollten die Bundesländer in den nächsten drei Jahren vor allem für Zusatzkosten bei Kitas und Schulen haben, sieben bekamen sie. Am Morgen danach herrschte größte Zufriedenheit, wenngleich NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft pflichtgemäß meinte: "Mehr wäre angemessen gewesen". Die von Schäuble geforderte genaue Kontrolle durch Rechnungshöfe, wie das Geld verwendet wird, gibt es übrigens nicht. "Wir leben ja nicht in einer Bananenrepublik", hatte CSU-Chef Horst Seehofer bei den Verhandlungen gesagt. Sichere Herkunftsländer. Der Bund will, dass Marokko, Algerien und Tunesien zu solchen erklärt werden, um Asylverfahren mit Flüchtlingen aus diesen Regionen schneller durchführen zu können. Doch die Grünen halten das angesichts der Verfolgung etwa von Homosexuellen für zu weitgehend. Weil es auf die Grünen ankommt und es im Vorfeld mit ihnen keine Einigung gab, wurde das Thema am Freitag gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Im Bundesrat vermuten etliche, dass es dabei auch noch lange bleiben könnte. Denn Union wie Grüne könnten das Interesse haben, mit ihren jeweiligen Positionen in die anstehenden Landtagswahlkämpfe zu gehen. Das Integrationsgesetz des Bundes, inklusive der Wohnsitzauflage, wurde hingegen beraten und fand eine Mehrheit. Illegale Autorennen. Große Unterstützung erhielt ein Vorstoß von Nordrhein-Westfalen, solche Rennen mit bis zu drei Jahren Haft zu bestrafen, sogar bis zu zehn Jahre, falls dabei jemand stirbt. Bisher gibt es dafür nur Bußgeld, Punkte und einen Monat Führerscheinentzug. Jetzt müssen Bundesregierung und Bundestag sich mit dem Gesetzentwurf der Länder befassen; aus der CSU sind Bedenken zu hören.

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