Aus dem Archiv Beim nächsten Mal soll es wieder so laufen - Ministerpräsidentin Malu Dreyer verzichtet überraschend auf ihr Landtagsmandat

Mainz/Trier · Mit fast absoluter Mehrheit hat Malu Dreyer (SPD) bei der Landtagswahl das Direktmandat im Wahlkreis Trier geholt. Nun hat sie angekündigt, auf den Sitz im Landtag zu verzichten und Platz für ihren Ersatzkandidaten Sven Teuber aus Trier zu machen.

 Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der Trierer SPD-Chef Sven Teuber Anfang Mai in Trier bei der Diskussion über den Koalitionsvertrag. TV-Foto/Archiv: Friedemann Vetter

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der Trierer SPD-Chef Sven Teuber Anfang Mai in Trier bei der Diskussion über den Koalitionsvertrag. TV-Foto/Archiv: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (VE._) ("TV-Upload Vetter"

Mainz/Trier. Malu Dreyer freute sich am Abend des 13. März. Nicht nur dass ihre SPD mit einem deutlichen Vorsprung die bis kurz vor dem Wahltermin vor den Sozialdemokraten liegende CDU überholt hatte. Dreyer freute sich auch über ihren Sieg in Trier. Mit 49,6 Prozent hatte sie das Direktmandat für den Landtag in ihrem Heimatwahlkreis geholt. "Es ist überwältigend, dass meine Heimatstadt mich so unterstützt. Ich möchte in den kommenden Jahren die gute Arbeit für Trier fortführen, damit wir unsere Stadt auch in Zukunft erfolgreich nach vorne bringen", sagte die 55-Jährige am Wahlabend unserer Zeitung. Trotz ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin am 18. Mai hat sie ihren Landtagssitz behalten. Die SPD-Staatssekretäre Heike Raab (Staatskanzlei) und David Langner (Sozialministerium) haben nach ihrer Ernennung ihr Landtagsmandat niedergelegt. Auch der Chef der Staatskanzlei, Clemens Hoch, verzichtete auf seinen Sitz im Parlament. Auch die neue Integrationsministerin Anne Spiegel von den Grünen machte nach der Ernennung Platz für ihre Nachrückerin im Landtag, Pia Schellhammer.
Dreyer hat bislang jedoch nicht zu erkennen gegeben, dass sie auf ihr Mandat verzichtet. Zumal sie vor der Landtagswahl auch bereits sowohl Abgeordnete als auch Ministerpräsidentin war. Insofern kommt der gestern vor der SPD-Landtagsfraktion verkündete Verzicht auf ihr Mandat zum 1. August überraschend. Ihr Nachfolger im Landtag wird ihr politischer Ziehsohn, der bereits ihr Nachfolger als Trierer SPD-Vorsitzender ist - Sven Teuber. Der 33-jährige Gymnasiallehrer ist als Ersatzkandidat bei der Landtagswahl im Wahlkreis Trier angetreten.Weiter Sprechstunden in Trier


Erst in den vergangenen Tagen habe sie die Entscheidung getroffen, sagt Dreyer im Gespräch mit unserer Zeitung. Offiziell begründet wird der Verzicht auf das Mandat mit der wachsenden Arbeitsbelastung der Ministerpräsidentin auch im Hinblick darauf, dass Rheinland-Pfalz ab November den Bundesratsvorsitz übernimmt und Dreyer für ein Jahr Präsidentin der Länderkammer sein wird. Die Ministerpräsidentin gibt im Gespräch aber auch zu verstehen, dass sie Teuber bewusst die Chance geben will, in den Landtag einzuziehen.
Eine Wählertäuschung, wie es ihr die Trierer CDU vorwirft, sieht sie in der Entscheidung nicht. Im Gegenteil. Trier sei nun quasi mit einer Doppelspitze in Mainz vertreten. Sie halte weiter Bürgersprechstunden in ihrer Heimatstadt, kündigt sie an. "Mit Sven, mit dem ich schon seit Jahren als perfektes Team zusammenarbeite, gewinnt die Stadt nun einen weiteren, kompetenten und engagierten Vertreter in Mainz." Er freue sich auf seine neuen Aufgaben und Herausforderungen, sagt Teuber zu seinem politischen Aufstieg.
Was die Trierer CDU richtig aufs Bäumchen bringt, ist Dreyers Ankündigung 2021 erneut so zu verfahren. Dreyer: "Bei der nächsten Landtagswahl, das haben wir fest verabredet, werden wir wieder im Team antreten. Sven wird erneut mein B-Kandidat sein." Damit schlage Dreyer "dem Fass den Boden aus", schäumt der Trierer CDU-Vize Thorsten Wollscheid. "Sie verkauft die Trierer für dumm."
Es wäre gegenüber den Wählern fair gewesen, auf die Kandidatur zu verzichten, "wenn Frau Dreyer ohnehin das Mandat wieder ablegen wollte", sagt der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU, Patrick Schnieder.Meinung

Kein guter Stil
Knapp drei Monate nach der Landtagswahl verzichtet Malu Dreyer auf das Direktmandat im Wahlkreis Trier und macht ihrem Ersatzkandidaten Platz. Das ist kein guter Stil. Ehrlicherweise hätte sie gar nicht als Direktkandidatin antreten dürfen, wenn sie von Anfang an, wie sie selber immer gesagt hat, "nur" in die Staatskanzlei wollte. Vollends zur Farce wird der Vorgang dadurch, dass Malu Dreyer jetzt auch noch ankündigt, in fünf Jahren wieder in Trier zu kandidieren. Damit verprellt die bislang sehr beliebte Ministerpräsidentin Wähler und sorgt für Politikverdrossenheit. Man muss nur ein bisschen nachdenken, um ihre eigentlichen Motive zu erkennen: Dreyers jetziger Rückzug dient offensichtlich dazu, die Karriere ihres politischen Ziehsohns Sven Teuber zu beschleunigen. Das hat Geschmäckle und ist ein durchschaubarer Schachzug, der an Wählertäuschung grenzt. Man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass Malu Dreyer gefolgsame und treue Parteisoldaten, die ihr beim Wahlsieg geholfen haben, mit Posten und Ämtern belohnt. Weniger Folgsame und Kritiker werden dagegen ins Abseits geschoben. Darunter könnte auch Ex-ADD-Chefin Dagmar Barzen fallen, die im Mai ohne Angabe von Gründen abserviert worden ist. b.wientjes@volksfreund.de

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