Beißender Geruch im Tal der Prüm

NEUENDORF. Die Havarie des dänischen Sattelschleppers auf der Bundesstraße 51 zwischen Neuendorf und Olzheim hat die Brisanz der Unfälle so genannter Gefahrguttransporte erneut offen gelegt.

 Sicher ist sicher: Polizeihauptkommissar Rainer Krames ließ sich nach seinem Einsatz am Unfallort gestern Abend von Betriebsarzt Thomas Kreis vorsorglich untersuchen. Im Hintergrund seine Kollegen (von links) Rainer Diederichs, Bernd Bohlen und Wolfgang Michels, die ebenfalls im Einsatz waren.Foto: Fritz-Peter Linden

Sicher ist sicher: Polizeihauptkommissar Rainer Krames ließ sich nach seinem Einsatz am Unfallort gestern Abend von Betriebsarzt Thomas Kreis vorsorglich untersuchen. Im Hintergrund seine Kollegen (von links) Rainer Diederichs, Bernd Bohlen und Wolfgang Michels, die ebenfalls im Einsatz waren.Foto: Fritz-Peter Linden

DenPrümer Feuerwehrleuten war alles andere als zum Scherzen zu Mute.Müde und frustriert trafen sie am Mittwochmorgen nach und nach inder Wache ein, nachdem sie die ganze Nacht über am UnfallortSchwerstarbeit geleistet hatten. Das Löschen des mit flüssigemFliegengift beladenen Lastwagens und das Austreten hoch giftigerDämpfe hatte sie vor eine besondere Herausforderung gestellt. Kennzeichnung ungenügend

Das ganze Ausmaß des Unglücks, das offenkundig auf menschliches Versagen zurück zu führen ist, wurde den Wehrleuten indes erst so richtig klar, als sie ihre Kleidung bei den BASF-Spezialisten zum Verbrennen abliefern mussten. Hinzu kam, dass alle Einsatzkräfte zur Blutentnahme ins Prümer Krankenhaus geschickt wurden, außerdem wurden sie geröntgt. Die Ergebnisse stehen noch aus.

Wut mischte sich ein, als die Kennzeichnung des Lasters zur Sprache kam. Zwar war die Zugmaschine vom Typ Iveco mit einem organgefarbenen Schild versehen, allerdings fehlte die Aufschrift. Das heißt, die ersten am Einsatzort eingetroffenen Helfer gingen davon aus, dass keine Gefahr im Verzug war.

Doch weit gefehlt: Als sich allmählich eine übel riechende Rauchwolke bildete, gingen die Wehrleute der Sache auf den Grund und wurden in den Papieren fündig: Statt mit harmlosem Gemisch hatten sie es mit der Stoffklasse 3017 (Organophosphorsäureester) zu tun: ein giftiges Pestizid, das nach Knoblauch riecht, als flüssige Zubereitung im Handel erhältlich ist und beim Einatmen lebensgefährlich sein kann. Dass der angetrunkene Fahrer die Zusammensetzung seiner Ladung am Unfallort verharmlost hatte, wirkte am Mittwoch noch deutlich nach.

Besorgt zeigte sich auch Werner Lorsy. Der Chef der Polizeiinspektion Prüm suchte für seine vier am Unfallort tätigen Polizisten ebenfalls um ärztliche Behandlung nach. Am Mittwochabend traf ein Arzt ein, um eine "arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung" vorzunehmen. "Wir wollen auf Nummer Sicher gehen", sagte Lorsy, der zudem beteuerte, dass die Giftwolke in die Luft gestiegen und dann von den Dörfern Olzheim und Neuendorf weg geweht worden sei.

Den 42-jährigen Fahrer nahm die Polizei Prüm zunächst vorläufig fest. Der Vorwurf: "fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung in Verbindung mit Trunkenheit". Gegen eine Kaution in Höhe von 10 000 Euro wurde der Mann am Nachmittag wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Staatsanwaltschaft Trier ermittelt weiter.

Die Häufung der Unfälle auf dem Streckenabschnitt zwischen Olzheim und Reuth beunruhigt unterdessen auch die benachbarten Bewohner. Olzheims Ortsbürgermeister Christian Ganser gab sich besorgt: Er habe stets Zweifel, wenn es heiße, dass für die Bevölkerung keine Gefahr bestehe. "Man weiß ja nie", gab sich der Gemeindechef kritisch und berichtete von etlichen Bürgern, die ihn ob des neuerlichen Unglücks angerufen hätten.

Unfallhäufigkeit auffallend

Der Prümer Verbandsbürgermeister Aloysius Söhngen informierte sich am Morgen ebenfalls über die Lage am Unfallort. Ihm sei die Gefahr für die Einsatzkräfte endgültig klar geworden, als er den "beißenden Geruch" wahr genommen habe. Dafür, dass auf dem rund 500 Meter langen Teilstück immer wieder schwere Unfälle passieren, hatte er keine Erklärung. "Nach dem dreispurigen Ausbau ist die Strecke relativ sicher - sollte man meinen", sagte Söhngen. Dennoch sei die Unfallhäufigkeit auffallend. An einer weiteren Zunahme des Schwerlastverkehrs ließ der Bürgermeister derweil keinen Zweifel. Daran werde auch der Lückenschluss der A 1 nichts ändern. Söhngen: "Auf Dauer kommt man um einen vierspurigen Ausbau dieser Strecke nicht herum."

Eine beruhigende Nachricht gab es dann doch noch. Der Bitburg-Prümer Kreisfischereiberater Herbert Schneider hatte den Reutherbach und die Prüm bis hin zur Sauer untersucht. Erstes Ergebnis: Flora und Fauna sind nicht in Mitleidenschaft gezogen, ein Fischsterben wird wohl ausbleiben. Immerhin.

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