Beitrag zur Gesichtswahrung

Viele Bürger dürften sich noch leidvoll an das Wirrwarr erinnern, als die Gesundheitsreform im vergangenen Jahr eingeführt wurde. Unklarheiten über Praxisgebühr, Zuzahlungen und Ausnahmetatbestände hielten die Nation über Wochen in Atem.

Viele Bürger dürften sich noch leidvoll an das Wirrwarr erinnern, als die Gesundheitsreform im vergangenen Jahr eingeführt wurde. Unklarheiten über Praxisgebühr, Zuzahlungen und Ausnahmetatbestände hielten die Nation über Wochen in Atem. Verglichen damit löste sich die jüngste Panne bei der Apotheker-Vergütung erstaunlich schnell in Wohlgefallen auf. Sozialministerin Ulla Schmidt, die den Schwarzen Peter sonst immer gern an die gesundheitsbetriebliche Selbstverwaltung weiter reicht, hat diesmal persönlich Druck gemacht. Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen soll wenigstens die Gesundheitsreform vom politischen Bürger-Frust fern gehalten werden. Der erzielte Kompromiss zwischen Apothekern und Krankenkassen ist tragbar, weil er alle beteiligten Akteure das Gesicht wahren lässt und den Beitragszahlern keine Mehrbelastungen abverlangt. Trotzdem bleiben wichtige Fragen offen: Warum beispielsweise gingen die Krankenkassen davon aus, dass sich der Verkauf verschreibungspflichtiger Medikamente ausweiten würde, wo doch eine höhere Selbstbeteiligung der Patienten genau das (auch eingetretene) Gegenteil erwarten ließ? Der Verdacht liegt nah, dass der entsprechende Passus im Gesetz nur eine Einkommensgarantie der Apotheker verschleiern sollte. Von einem solchen staatlich verbrieften Anspruch können andere Berufszweige nicht einmal träumen. Der beigelegte Konflikt ist denn auch ein Lehrbeispiel dafür, wie die Gesundheitslobby Parlament und Regierung beherrscht. Diesen Umstand wollte Ministerin Schmidt durch ihre Feuerwehraktion wohl ebenfalls schnell vergessen machen. nachrichten.red@volksfreund.de

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