Bemerkenswerte Begünstigung

Der jahrelange Kampf der Triererin Elisabeth Steilen gegen Stadtratsmitglied Heinrich Kirsch als Eigentümer des Cafés Paulin und die Stadtverwaltung Trier neigt sich einem für die Seniorin glücklichen Ende zu. Aller Voraussicht nach wird das Café, dessen Gestank die Dame und andere Anwohner des Hauses Paulinstraße 99 dauerhaft ertragen mussten, geschlossen. Ende gut, alles gut? Mitnichten! Die Stadtoberen würden die Angelegenheit nur allzu gern für beendet erklären und zur Tagesordnung übergehen, doch es sind noch Fragen offen. Die wichtigste: Weshalb ist Ratsherr Heinrich Kirsch auf eine so bemerkenswerte Weise begünstigt worden? Während bei anderen Gastronomen genau kontrolliert wird, ob sie sich an die einschlägigen rechtlichen Vorschriften halten, und sie Konsequenzen bis zur sofortigen Schließung ihres Lokals befürchten müssen, hat das städtische Ordnungsamt bei Kirsch anscheinend in entscheidenden Punkten jahrelang weggeschaut. Missstände wurden akzeptiert, und die Klagen der betroffenen Anwohner über den Gestank im Haus verhallten wirkungslos, denn städtische Lebensmittelkontrolleure konnten oder wollten diesbezüglich nichts feststellen, obgleich sie nur die Einhaltung der vom Ordnungsamt verfügten Auflagen hätten kontrollieren müssen. Im Grunde genommen hätte das Café Paulin unter den gegebenen Umständen nie eröffnet werden dürfen, denn es hat von Anfang an nicht alle Vorschriften erfüllt. Eine unrühmliche Rolle spielt in diesem Fall Oberbürgermeister Helmut Schröer. Anstatt sich als Verwaltungschef in seinem Haus für die Einhaltung der Vorschriften einzusetzen und einer alten Dame zu ihrem Recht zu verhelfen, hat der Trierer OB versucht, zu Gunsten eines Ratsmitgliedes einen faulen Kompromiss zu erwirken. Und dies mit einer Äußerung gegenüber einer 83-Jährigen, die eines Politikers, erst recht eines konservativen, unwürdig ist. Inakzeptabel ist das Verhalten des Kommunalpolitikers Heinrich Kirsch, der sich stets der Bürgernähe rühmt. Sein Handeln war in dieser Sache offenbar ausschließlich auf den eigenen Geldbeutel und nicht auf das Wohlergehen der Anwohner ausgerichtet. Bis zuletzt pochte er auf eine weitere Begünstigung durch die Verwaltung - obwohl es ihm ein Leichtes gewesen wäre, durch relativ günstige bauliche Veränderungen das Problem zu beheben. Was lernt der Bürger aus dieser Angelegenheit? Führende Kräfte in der Stadt Trier verstehen sich so prächtig, dass sie offenbar bereit sind, in heiklen Fällen gemeinsame Sache zu machen - notfalls zu Lasten anderer. f.giarra@volksfreund.de

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