Berlin will's nochmal wissen

Berlin · Berlin, Berlin, kommen die Spiele nach Berlin? Wenn es nach dem Senat geht, dann trägt die Bundeshauptstadt die Olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 aus. Der Bewerbungsprozess wurde offiziell eingeleitet.

Berlin. Dass die Berliner sportbegeistert sind, ist an vielen Ecken der Stadt zu spüren: Die Fanmeile zur Fußball-WM am Brandenburger Tor ist regelmäßig proppevoll. Aber reicht diese Begeisterung auch aus für Olympia? Die Stadt will\'s wieder wissen. Der rot-schwarze Senat hat gestern den Bewerbungsprozess für die Sommerspiele 2024 oder 2028 offiziell eingeleitet.
Berlin ist jedoch ein gebranntes Kind - nicht nur wegen der Spiele 1936, die von den Nazis instrumentalisiert worden waren. 1993 bewarb sich die Stadt schon einmal für Olympia im Jahr 2000, im Einheitstaumel und in dem Glauben, es sei ausreichend, als Symbol für das Ende der Teilung Europas ins Rennen zu gehen. Die Bewerbung war damals von Übermut, Fehlplanungen, vielen Peinlichkeiten und heftigen Protesten überschattet. Den Zuschlag bekam Sydney. Jetzt soll alles anders werden.Bundespolitik schaltet sich ein


Mit neuer Bescheidenheit, mit Vernunft und Augenmaß, so die offizielle Sprachregelung, sogar mit einer "Bürgerolympiade" will der Senat für Akzeptanz unter den Hauptstädtern sorgen. Der Senat verspricht zudem, die Ideen, Bedenken und Wünsche aller in einen Bewerbungsprozess einfließen zu lassen. "Dazu sollen neue Formate der Bürgerbeteiligung entwickelt werden", so Sportsenator Frank Henkel (CDU).
Aber auch die Bundespolitik rät vorsorglich zur Mäßigung: "Dem Gigantismus vergangener Spiele darf eine deutsche Bewerbung aus meiner Sicht nicht folgen", so die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag (SPD) gegenüber unserer Zeitung. Das Hauptproblem ist allerdings noch ein ganz anderes: Selbst Olympiabegeisterte, die auf ein neues Image und einen Schub für die Stadt hoffen, trauen der derzeitigen politischen Führung an der Spree so recht nicht zu, die Aufgabe zu stemmen. Berlin kriegt ja noch nicht einmal einen neuen Flughafen hin, heißt es oft. Um Spiele zu veranstalten, sind 35 Wettkampf- und 30 Trainingsstätten notwendig. Darüber hinaus benötigt man ein Olympisches Dorf, in dem 16 000 Athleten und Funktionäre unterkommen sollen, und Zigtausende Hotelzimmer für die "Olympische Familie". Allerdings verfügt Berlin mit dem Olympiastadion und zahlreichen anderen Arenen bereits über eine gut ausgebaute Infrastruktur. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat schon ein Konzept vorgelegt, wonach die Stadt ohne große Neubauten auskommen könnte; temporäre Sportstätten sollen demnach auf den Freiflächen der Flughäfen Tempelhof und Tegel entstehen; Athleten, Funktionäre und Journalisten sollten in einstigen Kasernen oder Flughafengebäuden übernachten. Dafür müsste allerdings der Flughafen Schönefeld auch fertig werden. Ob das gelingen wird? Wer weiß das schon.

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