Besser gerüstet für ein Leben in Freiheit

Trier · Um die Rückfallquote von Straftätern zu senken, sollen Gefangene künftig besser auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Das sieht ein neues Strafvollzugsgesetz vor, das von mehreren Bundesländern erarbeitet wurde. Wann sich der Mainzer Landtag mit dem Gesetz befasst, ist noch offen.

Trier. Seit fünf Jahren ist in Deutschland beim Thema Justizvollzug nicht mehr der Bund für die Gesetzgebung zuständig, sondern die Bundesländer. Das ist mit ein Grund, warum es in Rheinland-Pfalz demnächst ein neues Strafvollzugsgesetz geben wird, dessen Entwurf das Land gemeinsam mit neun anderen Bundesländern unlängst vorgelegt hat. Dass dies weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit geschah, mag am nur wenig populären Thema liegen.
Bessere Berufsausbildung


Mit den in Aussicht gestellten Haft erleichterungen für Gefangene lässt sich bei den meisten Wählern wohl nur schwerlich punkten. "Wir haben die Sicherheitsinteressen der Bürger nicht aus dem Blick verloren", meint denn auch der neue rheinland-pfälzische Justizminister Jochen Hartloff (SPD), der den Gesetzentwurf als weiteren "Meilenstein auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Strafvollzugsgesetzgebung" bezeichnet. Dabei habe man an bewährte Regelungen angeknüpft und gleichzeitig neue Erkenntnisse von Kriminologie und Rechtsprechung berücksichtigt.
Eine dieser Erkenntnisse: Je besser ein Gefangener qualifiziert ist, desto leichter findet er nach seiner Entlassung einen neuen Job, und desto geringer ist die Gefahr, dass er wieder straffällig wird und erneut im Gefängnis landet.
Eine Konsequenz daraus: Die Schul- oder Berufsausbildung der Gefangenen soll verbessert werden; mit Arbeitstraining sollen die Häftlinge künftig auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben vorbereitet werden. Damit der Übergang vom Leben im Knast zum Leben in Freiheit möglichst reibungslos über die Bühne geht, sollen in Zukunft auch erwachsene Straftäter frühestens sechs Monate vor der Entlassung leichter in den Genuss sogenannter Haftlockerungen kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass "eine Flucht oder ein Missbrauch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind", heißt es in dem Gesetzentwurf. "Wenn Gefangene Freigang oder Hafterleichterungen bekommen, müssen die Opfer darüber frühzeitig informiert werden", fordert Veit Schiemann von der Opferschutzorganisation Weißer Ring. Dies sei zwar auch nach der jetzigen Gesetzeslage schon vorgesehen. "Aber in der Praxis funktioniert das nicht", kritisiert Schiemann. Seine Meinung zum Gesetzentwurf der zehn Justizministerien: "Auch wir sind für Resozialisierung. Aber die Sicherheit der Bevölkerung muss oberste Priorität haben."
Extra


Haft in Zahlen: In den zehn rheinland-pfälzischen Justizvollzugs- und Jugendstrafanstalten, darunter Trier und Wittlich, gibt es nach Ministeriumsangaben knapp 3800 Haftplätze, davon 222 für weibliche Gefangene. Hinzu kommen 48 Plätze im Wittlicher Justizvollzugskrankenhaus. Laut Statistischem Bundesamt waren Ende März 3563 Haftplätze im Land belegt. Ein Großteil der Gefangenen saß eine vom Gericht verhängte Gefängnisstrafe ab, 436 Inhaftierte waren zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft, warteten also noch auf ihren bevorstehenden Prozess. Etwa jeder zehnte Häftling war im offenen Vollzug, durfte also das Gefängnis zumindest zeitweise verlassen. sey

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