Beten und Hoffen bis zuletzt

TRIER. Betroffenheit bei den Dom-Besuchern: Viele sind am Freitag in Gedanken beim sterbenden Papst Johannes Paul II. Bischof Marx hatte die Gläubigen zum Gebet für den Heiligen Vater aufgerufen.

Es hätte eigentlich ein schöner Tag für Bischof Marx werden sollen. Ein Feiertag. Drei Jahre ist er im Amt. Das Wetter ist an diesem Freitag genauso wie damals an Ostermontag, als er feierlich in sein Amt eingeführt wurde. Es ist warm, die Menschen sitzen in den Cafés am Domfreihof. Doch zum Feiern dürfte Marx gestern wie vielen Katholiken nicht zumute gewesen sein. Die neuesten Nachrichten aus Rom verheißen schon am frühen Morgen nichts Gutes. Die Nachrichtensender im Fernsehen berichten in Sondersendungen über den Gesundheitszustand des Papstes, blicken zurück auf sein Leben und seine 27-jährige Amtszeit. Niemand rechnet damit, dass sich der Zustand Johannes Paul II. noch einmal bessern könnte. Auch beim morgendlichen Gottesdienst anlässlich des Jahrestages, dem kleinen Dienstjubiläum von Marx, steht der kritische Zustand des Heiligen Vaters im Mittelpunkt. Marx betet zusammen mit den im Dom Erschienenen für den Pontifex. Die Gläubigen sollten in den "schweren Stunden" dem Papst besonders verbunden sein, bittet er in seiner Predigt. Im Dom herrscht an diesem Tag eine eigentümliche, eine besondere Stimmung. Auch wenn auf den ersten Blick alles wie immer ist: Touristen strömen in den Dom, schauen sich mit Reiseführern in der Hand Säulen, Decken, Altarraum und Kreuzgang an. Kaum ein Besucher verlässt die Kirche, ohne eine Kerze anzuzünden. Wie das Ehepaar Inge und Heinz Herzer aus Bad Neuenahr. Das Leiden des Papstes geht ihnen nahe, auch wenn sie, wie der Mann sagt, keine "streng gläubigen Christen" sind. "Man kann nur beten, dass er nicht so lange leiden muss", sagt Inge Herzer. Neben dem Altarraum brennen so viele Kerzen wie selten."Er tut mir leid"

Beten und Hoffen - das ist das, was viele Dombesucher an diesem Tag bewegt. Viele sind in Gedanken bei dem kranken Papst. "Sein Schicksal, sein Leiden, geht mir schon sehr nahe", sagt eine junge Mutter betroffen. Eine ältere Frau sagt nur: "Er tut mir leid." Ein offizielles Gebet für den Papst, wie im Kölner Dom, gibt es an diesem Tag nicht. Vielleicht liegt es auch an den verwirrenden, sich häufig widersprechenden Nachrichten aus Rom, die viele davon abhalten, zum Beten in den Dom zu kommen. Während am Morgen noch gemeldet wird, der Papst liege im Sterben, heißt es kurz darauf, ihm gehe es besser. Am späten Nachmittag melden die Nachrichtenagenturen, der Heilige Vater denke bereits ans Jenseits. Nebenan in der Liebfrauenkirche sitzen ein paar Gläubige und beten - nicht mehr als sonst auch. Aber auch hier brennen unzählige Kerzen. Ein paar Schritte weiter in der Kirche St. Gangolf unweit des wie immer belebten Trierer Hauptmarktes herrscht eine besinnliche Ruhe, Choräle klingen leise aus den Lautsprechern. Nur wenige Touristen verirren sich an diesem Nachmittag hierher. Im Seitenschiff beten einige Gläubige - unter ihnen zwei Nonnen. Auch sie wohl in Gedanken beim Papst. Auch, wenn auf den ersten Blick im Dom und im dahinter liegenden Generalvikariat alles wie immer ist - hinter den Kulissen wird bereits am Freitagnachmittag alles für den Tod des Papstes vorbereitet. Es soll ein Requiem im Dom geben. Reinhard Marx wird es halten. Wo der Bischof das Wochenende verbringen wird, weiß er zu diesem Zeitpunkt noch nicht: Er will in Münster an der 1200-Jahr-Feier des dortigen Bistums teilnehmen, im "Fall der Fälle" aber in Trier sein.

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