Billen unter Beschuss

Politischer Paukenschlag: Dem Trierer CDU-Bezirksvorsitzenden Michael Billen (54) droht aufgrund eines Fehltritts beim Versuch der Aufklärung in der Nürburgring-Affäre Ungemach. Der unter massiven Druck geratene Landtagsabgeordnete will aber "weiter mit Vehemenz und Akribie nach der Wahrheit forschen".

Mainz. Groß, schwer, unerbittlich mit dem eigenen Lager und dem Gegner: Michael Billen, der Landwirt aus dem kleinen Eifel-Dorf Kaschenbach (Eifelkreis Bitburg-Prüm), hat sich im Laufe seiner politischen Karriere oft als Haudrauf präsentiert. Nun drohen dem CDU-Mann, der in der seit Jahresbeginn schwelenden Nürburgring-Affäre der SPD-Landesregierung so massiv zugesetzt hat wie kaum ein Zweiter, selbst Prügel. Zerknirscht hat er gestern vor der Presse eingeräumt, dass er einen Fehler gemacht habe. Einen Fehler, der bittere Folgen für ihn haben könnte - und für seine Tochter.

Polizistin verliert unter Umständen ihren Job



Die 29-jährige Silvia Billen arbeitet als Kommissarin bei der Polizeiinspektion Landau. Irgendwann in den vergangenen Wochen oder Monaten habe die Kommissarin, wie Billen heute erklärt, die Polis-Einträge jener Geschäftsleute recherchiert, die für Schlagzeilen sorgten. Die junge Frau, berichtet der Vater, habe im Polizeilichen Informationssystem (Polis) bei einer Übung mit Praktikanten Daten abgerufen und ausgedruckt. Keinesfalls habe sie ihm die Unterlagen übergeben, sondern er habe sie während eines Besuches bei ihr durchwühlt und in die Tasche gesteckt. Ob sie nicht protestiert habe, wird Billen gefragt. "Das wäre zwecklos gewesen."

Aufgeflogen ist das Ganze, weil genau registriert wird, wer sich wann Zugang zu Polis verschafft. Laut Pressemitteilung des Innenministeriums konnte die Polizei "den in Frage kommenden Kreis von Beamten identifizieren und befragen".

Dabei habe eine Kommissarin zugegeben, ohne dienstlichen Anlass abgefragt "und Kopien der Auszüge ihrem Vater übergeben zu haben". An dieser Stelle widersprechen sich die Darstellungen. "Einer von beiden lügt, entweder der Vater oder die Tochter", folgert SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff. Silvia Billen droht nun ein Dienstordnungs-Verfahren. Beförderungen dürften in den kommenden fünf, sechs Jahren unmöglich sein. Unter Umständen verliert sie ihren Job.

Vor der Presse sagt Michael Billen, den Tränen nahe, er sei "stolz darauf, dass meine Tochter zu ihren Fehlern steht". Auch er stehe dazu. "So sind wir Billens." Vehement weist der Eifeler zurück, die laut Innenministerium nur für den internen Polizei-Gebrauch gedachten Polis-Daten an die Presse weitergegeben zu haben. Viele hätten in Polis nachgeschaut. "Ich werde nichts aus vertraulichen Unterlagen zitieren." Die Weitergabe von Dienstgeheimnissen an Dritte ist verboten.

FDP-Fraktionschef Herbert Mertin distanziert sich von Billens Vorgehensweise. Die Affäre Nürburgring dürfe "selbstverständlich nur mit rechtsstaatlichen Mitteln aufgeklärt werden". Es sei bedauerlich, dass durch Billens Fehler von der eigentlich aufzuklärenden Affäre abgelenkt werde. Unbestreitbar sei, dass es beim Projekt Nürburgring und seiner Finanzierung noch "immensen Aufklärungsbedarf" gebe.

Die SPD geht mit dem Christdemokraten scharf ins Gericht. Er könne sich durchaus staatsanwaltschaftliche Ermittlungen vorstellen, sagt Fraktionschef Jochen Hartloff. Das Vorgehen müsse "auf jeden Fall Konsequenzen haben". Es sei "starker Tobak", wenn Billen behaupte, diese Angelegenheit sei nur ein Nebenschauplatz. "Es ist ein Skandal, dass sich jemand rechtswidrig geheime Daten beschafft und Futter für Unterstellungen sucht."

Minister Bruch äußert sich heute im Ausschuss



Hartloff hat nach eigenen Angaben CDU-Partei- und Fraktionschef Christian Baldauf einen Brief geschrieben - mit der Forderung, Billen dürfe den Wirtschaftsausschuss am heutigen Donnerstag nicht leiten. Auch der Ältestenrat des Landtags werde sich mit dem Vorfall befassen.

Der in Berlin weilende Baldauf sieht "Klärungsbedarf", will sich aber vor weiteren Äußerungen zunächst mit seinem Kollegen besprechen.

Der unter Beschuss geratene und in der CDU-Landtagsfraktion nicht unumstrittene Eifeler wehrt sich dagegen, "kaltgestellt zu werden". Je mehr man versuche, ihn an die Wand zu nageln, desto massiver werde er nach der Wahrheit in der Nürburgring-Affäre forschen.

Die außerparlamentarischen Grünen sehen aufgrund des Vorfalls nur Verlierer: "Das von SPD und CDU vollzogene Schauspiel ist ein Schaden für das Ansehen von Rheinland-Pfalz", sagt Landessprecher Daniel Köbler.

Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) will heute im Innenausschuss darlegen, was genau über die am Nürburgring involvierten Geschäftsleute im Polis registriert war und was die Recherchen des Landeskriminalamtes ergeben hatten.

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