Billens langer Kampf ums politische Überleben

Mainz/Trier · Dem Eifeler CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen bescherten die vergangenen anderthalb Jahre ein Wechselbad der Gefühle. Nach der gestrigen Entscheidung des Pfälzischen Oberlandesgerichts geht das Hoffen und Bangen für Billen weiter.

 Mal Jäger, mal Gejagter: der Kaschenbacher CDU-Abgeordnete Michael Billen. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Mal Jäger, mal Gejagter: der Kaschenbacher CDU-Abgeordnete Michael Billen. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Mainz/Trier. Vermutlich weiß auch Michael Billen selbst nicht mehr so genau, wie oft er in den zurückliegenden 17 Monaten schon für politisch tot erklärt wurde oder zumindest das Damoklesschwert des Niedergangs bedrohlich dicht über ihm schwebte. Seit die Landauer Staatsanwaltschaft wegen des Abgreifens geheimer Polizeidaten Ende 2009 ein Ermittlungsverfahren gegen den Eifeler Landwirt eingeleitet hat, muss sich der Langzeit-Parlamentarier ständig neuer Attacken erwehren. Häufig waren es dabei Billens zahlreiche christdemokratische Parteifeinde, die seinen Rücktritt forderten oder ihn mit einer Gegenkandidatin piesackten. Gebracht hat das alles nicht viel: Billen ist immer noch der Bitburg-Prümer CDU-Chef, und selbst sein Landtagsdirektmandat gewann der 55-Jährige erneut. Da konnte selbst die zuvor auf Distanz zu ihrem Parteirebellen gegangene Landes-CDU nicht anders, als Michael Billens Ruhestatus in der Fraktion zu beenden. In der heutigen ersten Landtagssitzung nach der Wahl sitzt Billen wieder an seinem alten Platz in Reihe zwei. Und das, obwohl ausgerechnet am Tag vor dem Comeback Billen einen neuen Rückschlag verkraften muss. Das Pfälzische Oberlandesgericht hat entschieden, dass dem Kaschenbacher wegen der Polizeidatenaffäre nun doch der Prozess gemacht wird. Dies hatte die zuständige Strafkammer am Landauer Landgericht noch vor sechs Monaten abgelehnt, jetzt muss genau diese Kammer den Fall Billen verhandeln - auf Anweisung eines höheren Gerichts. Was das bedeuten könnte, umschrieb ein hoher rheinland-pfälzischer Justizbediensteter unlängst so: "Eine zum Jagen getragene Strafkammer entwickelt erfahrungsgemäß keinen besonderen Aufklärungs- und Verfolgungseifer."Das könnte den seit gestern angeklagten Politiker eigentlich zuversichtlich stimmen, aber: Solange der Prozess nicht terminiert und beendet ist, hängt über Michael Billen das nächste Damoklesschwert, auch wenn er vollmundig meint, die Entscheidung werde seine politischen Aktivitäten nicht behindern. Zumindest halten sich die Parteikollegen des Eifeler Stehaufmännchens dieses Mal zurück. Die neue Fraktionschefin Julia Klöckner äußerte sogar unverhohlen Kritik daran, "dass der Betroffene das aus den Medien erfährt und der Vorgang ausgerechnet einen Tag vor der konstituierenden Sitzung des Landtags Schlagzeilen macht". Ein Vorwurf, den der Sprecher des Pfälzischen OLG, Markus Gietzen, umgehend zurückweist: "Die Justiz arbeitet unabhängig von allen Terminen."Bevor es zum Prozess gegen den CDU-Mann kommt, muss der Landtag erneut Billens Immunität aufheben. Das könnte schon in der heutigen Sitzung passieren. Meinung

Viel Raum für SpekulationenWas verbindet den Fall Michael Billen mit den Ermittlungen gegen Währungsfondschef Strauss-Kahn? Beide eignen sich hervorragend als Nährboden für Verschwörungstheorien. Für deren Anhänger steht im Fall Billen fest: Die rheinland-pfälzische Justiz ist nur der verlängerte Arm der bis gestern rot regierten Landesregierung. Was mit dem Eifeler Parlamentarier geschieht, wird nicht in Richterzimmern entschieden, sondern ausschließlich in der Mainzer Staatskanzlei. Unsinn! Wenn dem so wäre, hätte schon das Landauer Landgericht das Hauptverfahren gegen Billen eröffnet. Dass die Zweibrücker Richter den Fall nun anders bewerten, kommt bei Juristen schon mal vor. Ein Vorwurf aber bleibt: Der Zeitpunkt, an dem die Billen-Entscheidung bekanntgegeben wurde, war denkbar schlecht gewählt und ist bestens geeignet für neue Spekulationen. r.seydewitz@volksfreund.de

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