Binnennachfrage zieht an

Berlin . Eingebettet in eine rundherum positive Weltkonjunktur und unterstützt durch eine insgesamt gute Entwicklung im EU-Raum nimmt die deutsche Wirtschaft weiter an Fahrt auf.

In seiner Sommerprognose geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) inzwischen fest davon aus, dass die deutsche Volkswirtschaft in diesem Jahr mit einem Plus von mindestens 1,8 Prozent deutlich stärker als im Vorjahr wachsen wird. Anders als bisher werde das Wirtschaftswachstum durch eine gestärkte Binnenkonjunktur mitgetragen, die in diesem Jahr sogar einen etwas größeren Wachstumsbeitrag leisten wird als der weiterhin sehr dynamische Außenhandel. Dabei fußt die Stärkung der Binnenkräfte zu etwa gleichen Teilen auf einer weiterhin sehr positiven Entwicklung bei den Anlageinvestitionen als auch auf den nach einer langen Schwächephase wieder anziehenden Konsumausgaben der privaten Haushalte, stellt das größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut fest. Zur momentan positiven Entwicklung trägt jedoch auch ein gewisser Vorzieheffekt als Ausweichreaktion auf die beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 um drei Prozentpunkte bei. Nach wie vor bleibt jedoch die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt trotz anziehender Konjunktur unbefriedigend. Das DIW erwartet im Jahresschnitt 2006 einen Rückgang der Arbeitslosenquote gegenüber dem Vorjahr von 11,2 auf 10,2 Prozent. 2007, für das ein Wert von 10,1 Prozent erwartet wird, gerät diese positive Entwicklung schon wieder ins Stocken, da für das nächste Jahr in Deutschland eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf 1,4 Prozent erwartet wird. Ohne Mehrwertsteuererhöhung, so der Konjunkturexperte des Berliner Instituts, Professor Alfred Steinherr, könnte für das kommende Jahr sogar mit einem Wachstum von über zwei Prozent gerechnet werden. Die Defizitquote nach den Maastrichter EU-Stabilitätskriterien wird voraussichtlich schon in diesem Jahr mit 2,7 Prozent erreicht werden und damit klar unter der Drei-Prozent-Vorgabe liegen. Für 2007 werden sogar nur noch 1,8 Prozent erwartet. Das DIW empfiehlt der Bundesregierung daher eindringlich, die Geschwindigkeit des Defizitabbaus durch Steuer- und Abgabenerhöhungen zu überdenken und negative Konsequenzen einer Mehrwertsteuererhöhung zu mildern. Durch eine Inflationsrate entsteht keine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung. Sie wird mit 1,5 Prozent im Jahresschnitt angegeben. Die Binnenkonjunktur sei allerdings noch nicht genügend gefestigt, um Zinserhöhungen zu rechtfertigen. Daher sehen die Berliner Wirtschaftsforscher weiteren Zinsschritten der Europäischen Zentralbank ,,mit großer Skepsis" entgegen. Die Weltwirtschaft bleibt laut DIW weiterhin auf starkem Wachstumskurs. Chinas Wirtschaft wächst dynamisch, das gilt auch sehr stark für Indien. Japans Wirtschaft expandiert ebenfalls. In den USA hat sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts entgegen den Erwartungen im ersten Quartal 2006 auf 5,6 Prozent beschleunigt. Die Arbeitslosenquote ist auf bemerkenswerte 4,5 Prozent gesunken. Auch im Euroraum setzt sich die "robuste Expansion" fort. Für dieses Jahr wird dort ein Wachstum von 2,1 und für 2007 von zwei Prozent vorhergesagt. Dabei wird die Inflationsrate im Euroraum bei 2,2 Prozent liegen. Die Einflüsse des Ölpreisanstiegs auf die Teuerung wird noch im Verlauf dieses Jahres nachlassen. Von der günstigen Lage der Weltwirtschaft profitiert besonders die exportorientierte deutsche Industrie, für die ein Wachstum von 10,3 Prozent erwartet wird. Gestützt wird diese DIW-Prognose durch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom Dienstag. Besonders starke Zuwächse bei Waren "Made in Germany" verzeichnen demnach die Exporteure bei Ausfuhren in die zehn neuen EU-Mitgliedsländer (Plus 27 Prozent). Aber auch die USA, Russland und China waren "Export-Renner". Insgesamt kletterten die deutschen Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16,3 Prozent.

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