Bischof: Ich bin kein Ober-Ermittler

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat sich am Freitag erstmals seit seiner Ernennung zum Missbrauchs-Beauftragten der katholischen Kirche zu Wort gemeldet. Wer Überraschendes erwartet hatte, wurde enttäuscht.

 Bischof Stephan Ackermann, der neue kirchliche Missbrauchs-Beauftragte. Foto: TV-Archiv/Friedemann Vetter

Bischof Stephan Ackermann, der neue kirchliche Missbrauchs-Beauftragte. Foto: TV-Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Man merkt Stephan Ackermann am Tag eins nach seiner Ernennung durch die Deutsche Bischofskonferenz an, dass sich der Trierer Bischof in seinem neuen Amt erst noch zurechtfinden muss. Bei einigen Fragen der zu einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz angereisten Journalisten muss der neue Missbrauchs-Beauftragte der katholischen Kirche passen. Ist die Zahl der bislang bekannt gewordenen Missbrauchs-Fälle (115) korrekt? Ackermann zuckt mit den Schultern. Sollte die Verjährungsfrist verlängert werden? "Das muss man überprüfen", drückt sich der Bischof um eine klare Antwort.

Es spricht eher für Stephan Ackermann, dass der 46-Jährige so kurz nach seiner Ernennung zum kirchlichen Missbrauchs-Sonderbeauftragten nicht schon ein fertiges Konzept aus dem Ärmel zaubert. Es ist aber auch ein Indiz dafür, wie hastig die 67 Bischöfe und Weihbischöfe in den Tagen zuvor nach einem Ausweg aus der wohl größten deutschen Kirchenkrise der vergangenen Jahre gesucht haben. Am Ende des Freiburger Treffens, so viel war seit Tagen klar, musste nach außen signalisiert werden, dass es der Kirche beim Thema Missbrauch um Aufklärung geht und nicht ums Aussitzen.

Arbeitsteilung unter den Bischöfen



Dass Stephan Ackermann da eine wichtige Rolle spielen würde, hatte sich bereits am Dienstagabend abgezeichnet. Bei einem Hintergrundgespräch am Rande der Bischofskonferenz war es der 46-jährige Trierer, der - neben zwei Gutachtern - mit den Journalisten redete. Am Tag darauf bat der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, Ackermann darum, das neu geschaffene Amt zu übernehmen.

"Ich war fast 15 Jahre in der Priesterausbildung tätig", antwortet der Trierer Bischof am Freitag auf die Frage, warum er und nicht ein Kollege zum Missbrauchs-Beauftragten ernannt worden sei. Außerdem gebe es unter den Bischöfen ja auch noch "eine Art Arbeitsteilung". Soll wohl heißen: Wer die wenigsten Posten hat, muss bei Zusatzaufgaben damit rechnen, dass er an der Reihe ist.

Stephan Ackermann hat sich beim Thema Missbrauch allerdings auch rascher und deutlicher geäußert als seine Kollegen; sieht mal einmal ab von der Fehldiagnose seines Augsburger Kollegen Walter Mixa, der einen Zusammenhang sieht zwischen dem Missbrauch von Minderjährigen und der sexuellen Revolution.

Stephan Ackermann findet bei dem für die katholische Kirche so unerfreulichen Thema klare Worte, ist aber andererseits auch niemand, der aus Sicht der Bischöfe ein "unsicherer Kantonist" wäre. Dass der 46-Jährige in seiner viel beachteten Missbrauchs-Stellungnahme vor zwei Wochen den Zölibat ausdrücklich verteidigte und gegen "ungerechtfertigte Anwerfungen und populistische Argumente" in Schutz nahm, dürfte dem konservativen Klerus gefallen haben. Wer so etwas sagt, von dem sind als Sonderbeauftragter keine besonders unangenehmen Überraschungen zu erwarten.

Absage an finanzielle Entschädigung



Das trifft auch auf die erste Pressekonferenz Ackermanns in seiner neuen Funktion zu, die die Medienleute des Bischofs unter der Überschrift "Nicht Ober-Ermittler, sondern Koordinator" verkaufen. Die meisten Dinge, die Stephan Ackermann sagt, hat am Vortag auch der Vorsitzende der Bischofskonferenz schon verkündet: Die kirchlichen Missbrauchs-Leitlinien würden überarbeitet, man setze sich mit externen Fachleuten zusammen, eine bundesweit einheitliche Telefonnummer für Missbrauchsopfer werde eingerichtet, die Priesterausbildung werde überprüft.

Stephan Ackermann sagt auch, dass er sich mit Opfern treffen wolle. Und dass "eine finanzielle Entschädigung nicht zur Rede steht". Womöglich wäre der neue Missbrauchs-Beauftragte klug beraten gewesen, auch an dieser Stelle zunächst einmal eine Antwort schuldig zu bleiben. In Amerika und Irland, wo es in den vergangenen Jahrzehnten jeweils Tausende Missbrauchsfälle gab, zahlte die katholische Kirche am Ende Hunderte Millionen Euro Entschädigung an die Opfer.

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