Bischof Stephan macht Schlagzeilen

Triers neuer Bischof Stephan Ackermann war gestern Gast in der TV-Redaktionskonferenz. "Ich versuche, auf dem Teppich zu bleiben und nicht abzuheben", sagt der 46-jährige Marx-Nachfolger. Nicht so ganz einfach für einen katholischen Priester, der in Zuschriften schon als "Obama des Bistums Trier" bezeichnet wurde.

Trier. "Da haben Sie Ihre Schlagzeile für morgen: ,Chefredakteur bekennt sich zu Piusbrüdern!'" Mit diesen Worten kontert am Mittwoch ein sichtlich gut gelaunter Bischof die Anmerkung von TV-Chefredakteur Walter W. Weber, dass sich die katholische Kirche immer mehr aus der Fläche zurückziehe. Das behauptet in der Tat auch die umstrittene Piusbruderschaft, aber deren Begründung ist mehr als krude: Die Kirche erzeuge bewusst eine Knappheit von Priestern, um weitere Liturgie-Reformen durchdrücken zu können - zum Missfallen der Erzkonservativen. Aber einverstanden: Eine Boulevardzeitung würde aus der Kombination beider Aussagen womöglich eine Schlagzeile wie die von Ackermann vorgeschlagene machen. Der Bischof schmunzelt, seine Botschaft an die versammelten TV-Redakteure scheint angekommen: "Ich weiß doch, wie ihr Journalisten arbeitet, um an eine Schlagzeile zu kommen."

Wer dem erst seit knapp eineinhalb Monaten amtierenden neuen Bischof zum ersten Mal begegnet, wird überrascht sein. Der auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkende Stephan Ackermann ist im Gespräch selbstbewusst, schlagfertig, unterhaltsam und amüsant. Als der gebürtige Eifeler etwa erfährt, dass er der dritte Trierer Bischof ist, der den TV in den vergangenen 15 Jahren besucht, meint er keck: "Bischöfe kommen und gehen. Aber der Volksfreund bleibt bestehen."

Während die Chefredaktion noch zufrieden nickt, holt Ackermann aber schon zum verbalen Nachschlag aus: "Allerdings ist unser Bistum im heutigen Zuschnitt noch 72 Jahre älter als der 1875 gegründete TV." Und vom Alter der katholischen Kirche mag das neue Oberhaupt von Deutschlands ältester Diözese erst gar nicht reden.

Jetzt schmunzeln die beiden Begleiter Ackermanns zufrieden. Der Bischöfliche Medien-Chef, Fernsehpfarrer Stephan Wahl, und Bischofssprecher Stephan Kronenburg haben dem Marx-Nachfolger in den vergangenen Wochen immer wieder "eingeimpft", dass die Worte eines Bischofs deutlich schneller auf die Goldwaage gelegt werden als die eines Weihbischofs. Stephan Ackermann scheint das eher zu amüsieren statt abzuschrecken. "Darf ich das so sagen", fragt er ein paar Mal in Richtung der beiden Medienprofis und schmunzelt. Dabei weiß der ehemalige Weihbischof nur zu genau, dass es mit der einstigen Beschaulichkeit vorbei ist. "Plötzlich springen die Leute vom Rad und sagen Grüß Gott, Herr Bischof!" Daran müsse auch er sich erst gewöhnen - ohne abzuheben. "Wenn man immer in der Öffentlichkeit steht, ist diese Versuchung ja da." Zumal, wenn man in einer Zuschrift schon mal als "Obama des Bistums Trier" bezeichnet wurde.

Wäre diese Charakterisierung dem neuen Trierer Bischof peinlich, hätte er sie nicht erzählt. Aber Stephan Ackermann ist auch klug genug zu wissen: Je größer die Erwartungen, desto größer auch die Gefahr, zu enttäuschen. "Enttäuschungen werden nicht ausbleiben", sagt der neue Bischof und nennt als Beispiel die drastisch sinkenden Kirchensteuer-Einnahmen: "Da werden schmerzhafte Einschnitte nötig sein." Angst davor? "Nein", sagt Ackermann, "als Chef eines Priesterseminars habe ich gelernt, mit Liebensentzug umzugehen. Da wird man auch nicht nur gemocht." Aber im Moment schwimmt der Nachfolger von Reinhard Marx noch auf einer Welle der Sympathie. Schneller als gedacht hat sich Stephan Ackermann aus dem Schatten seines Vorgängers gelöst. "Man kann Reinhard Marx nicht kopieren, der ist unverwechselbar", sagt Ackermann.

Und was sollen die Gläubigen in zehn Jahren über ihn sagen? "Er ist ein guter Bischof, der bei den Menschen ist", sagt der 46-Jährige. Bescheidene Erwartungen des jüngsten deutschen Diözesanbischofs. Gut möglich, dass Stephan Ackermann sie übertreffen wird.

extra

"Einer von uns" heißt ein Buch über den neuen Trierer Bischof Stephan Ackermann, mit Texten von Weggefährten und vielen Bildern. Es ist für 18,90 Euro seit gestern im Buchhandel erhältlich.

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