Bleib' cool Mama

Glotz' nicht so auf meinen Teller!" - "Ich glotz' überhaupt nicht auf deinen Teller." - "Tust du wohl, du merkst das ja gar nicht mehr." - "Pack mich nicht an!" "Ich hab' dich überhaupt nicht angepackt, du machst dich ja so breit. Hier ist die Hälfte vom Tisch, und du hängst schon auf meiner Seite." - "Mama guck mal!"Nein, ich schaue nicht hin. Wie habe ich mich auf diesen Ferientag gefreut. Mit einem ausgiebigen, gemütlichen und ruhigen Frühstück wollte ich beginnen. Ich lächele, rein äußerlich. Innerlich zähle ich bis zehn, um nicht zu explodieren - eine neue Verhaltensweise meinerseits, seit unser Sohn zwölf Jahre alt ist. Inzwischen ist er 13, und die Tischgespräche mit seiner zehnjährigen Schwester werden immer netter und je nach Laune ausgedehnter. Er schielt auf ihren Teller."Igiitigit. Dein Kackmüsli schwimmt ja in Froschsauce." Heute muss ich wohl bis 20 zählen. "Blödkopf", kontert sie. "Froschsauce ist doch nicht weiß wie Milch." - "Hach, was weißt du schon von Fröschen!" - "Weiß ich wohl eine Menge. Neulich, als wir bei Opa in der Eifel waren, da habe ich unten am Bach..." - "Bla, bla, bla", unterbricht er sie, "sei jetzt still! Ich will endlich in Ruhe frühstücken." - "Mama, stimmt doch, weißt du noch die Frösche bei Opa?" Ich nicke nur, bloß nicht einmischen, denn seit der Sohn einen Kopf größer ist als seine Mutter, versucht er auch die größten Argumente zu liefern, das heißt, das letzte Wort zu haben. Bitte ich ihn um einen Gefallen, so ist die Antwort: "Nein." oder "Mal sehen." Vor nicht all zu langer Zeit war die Antwort noch: "Ja, ich komm, aber ich muss eben noch..."Frage der Woche: Ist der Pickel bis Samstag weg?

Vieles hat sich verändert, nicht nur dieser Satz. Mädchen sind auch nicht mehr alle doof. Das Telefon klingelt nach Schulschluss regelmäßig. Zu hören ist nur ein leises Gemurmel Jetzt heißt es auch nicht mehr: "Waas? Schon wieder duschen! Mit oder ohne Haarewaschen?"Die Haare werden jetzt ständig gewaschen und gestylt. Aber lässig ungestylt muss es aussehen, kurz cool. Im Elternkleiderschrank fehlen Pullis und T-Shirts, wenn sie schwarz sind und weit. An ihm sieht es wie Größe XXXLL aus. Die Frage der Woche: Ist der Pickel bis Samstag weg? Tagesbeschäftigung: cool wirken und cool reden. So bekam der Vater zum Geburtstag eine Flasche Dusch-das-for-men mit dem Kommentar: "Hier Papa, für das beste Stück am Mann!""Mama, gestern als es Porree gab...", höre ich jetzt die Tochter sagen. "Porree?" frage ich."Gestern gab es Püree." "Au", schaltet sich sofort der Sohn wieder ein, "das ist aber auch zu schwer für kleine blonde Mädchen Püree und Porree.""Wenn jetzt auch noch einer seiner unzähligen Blondinen-Witze kommt", denke ich und vergesse bis zehn zu zählen. "Es ist noch gar nicht so lange her", beginne ich, "da hast du dir im Restaurant Pommes mit Fritten bestellt" und ergänze: "Ja, Pommes mit Fritten und zwar mit ohne Majo." "Mama, da steckt eine gewisse Logik drin." Er wendet sich wieder seiner Schwester zu: "Brauchst dich gar nicht so zu beeilen, wir gehen gleich wandern." Ich atme tief durch: "Ich möchte aber bald losgehen." "Oh, Strahlengefahr", tönt es zurück. "Draußen ist alles radioaktiv verseucht. Das Gesündeste ist, sich vor den Fernseher zu setzen, denn so wird man wenigstens auf dem Laufenden gehalten." Und zur Schwester: "Ich geh' nicht mit!"Daraufhin bemerkt sie: "Du wolltest doch auch zu dieser Sommerrodelbahn. Wir gehen ja nicht wandern, sondern laufen dorthin.""Äh, wahnsinnig witzig, wo ist da der Unterschied?" Er steht auf, bewegt sich rhythmisch am Tisch vorbei und singt nach Rapperart: "Wir wandern, wandern, bombastisch, wir wandern, waaaann-dern...." Er setzt sein Käppi auf. Der Käppischirm wird mit beiden Händen gedrückt, so dass er halbrund wird. Dann wird die Kappe gedreht, Schirm nach hinten. "Also, was ist jetzt? Ich bin schon längst startklar!" Und beim Hinausgehen: "Frauen werden nie fertig!" Marita Habe-Pursche

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