Böllerschüsse aus Kreuth

Berlin. Alle Jahre wieder ertönen die "Böllerschüsse aus Kreuth". Mit dieser Formel wollte Ex-Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) einst verdeutlichen, dass Knalleffekte notwendig sind, um der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Wildbad Kreuth die gewünschte Aufmerksamkeit der Medien zu verschaffen.

Auch diesmal wurde die Öffentlichkeit vom einschlägig erfahrenen Landesgruppenchef Michael Glos nicht enttäuscht. In gewohnt deftiger Manier gab er der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel zu verstehen, dass allein ihr Führungsanspruch "und Siege auf Parteitagen" nicht ausreichten, um die Spitze zu erklimmen. Es müssten auch ein paar Wahlerfolge her. Bereits am Dienstag hatte Glos in einem Interview mit dem Zaunpfahl gewunken und der großen Schwester bedeutet, dass ihre Teamfähigkeit "noch steigerungsfähig" sei. Einsame Entscheidungen habe sie nicht mehr nötig, und überhaupt könne sie "die Dinge lockerer angehen". Nach der bewährten Methode Zuckerbrot und Peitsche stufte er Merkel am Mittwoch jedoch wieder als "sehr konsolidiert" in ihrer Position ein. CSU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Ramsauer kredenzte ebenfalls verbale Blumengebinde und adelte die CDU-Vorsitzende als "unangefochtene Nummer eins" in der CDU und der gemeinsamen Bundestagsfraktion. Auch CSU-Chef Edmund Stoiber versuchte die selbst verursachten Wogen zu glätten: "Nur gemeinsam sind wir stark." Glos habe Merkel nicht kritisiert, sondern "wohlmeinende Ratschläge" erteilt. Nun muss man wissen, dass sich die Duzfreunde Merkel und Glos persönlich gut verstehen und zur Begrüßung sogar küssen. Die stets misstrauische Ostdeutsche schätzt den barocken Unterfranken als loyalen Partner, zuverlässigen Vermittler und humorvollen Gesprächspartner. Katholik Glos wiederum hat sich mit der protestantischen Pfarrerstochter arrangiert, nachdem diese ihm nicht übel nahm, dass er Stoiber 2002 zum Kanzlerkandidaten kürte. Die Fraktionschefin und ihr erster Stellvertreter Glos arbeiten zudem vertrauensvoll zusammen, weit besser als zuvor Friedrich Merz und Glos. Bei aller Liebe fühlt sich der Bayer aber zuallererst der CSU verpflichtet: Sollte die CDU bei den anstehenden Wahlen (in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen) versagen, gebe es natürlich wieder "Diskussionen, in welcher Aufstellung man die Bundestagswahl am besten gewinnen kann", sagte er im Deutschlandfunk. Solche Sätze stoßen in der Berliner CDU-Zentrale natürlich sauer auf, auch wenn man das nicht zugeben will: Das sei doch "das übliche Ballyhoo", das zu Kreuth gehöre wie die Maß Bier zum politischen Aschermittwoch, sagte ein Sprecher Merkels. Deutlicher wurde da schon der designierte CDU-Generalsekretär Volker Kauder, der per Pressemitteilung nach Bayern zurück blaffte, die Bürger erwarteten von der Union weder Personaldebatten noch Diskussionen über Führungsansprüche, "sondern Lösungen für die dringenden Probleme des Landes". Genau darüber wollen die CSU in Kreuth und die CDU-Spitze am Wochenende in Kiel auf ihren Klausurtagungen reden.

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