Bonn-Berlin: Es bewegt sich was

Die Hauptstadtdebatte ist wieder auf der Tagesordnung: Der Haushaltsausschuss will nun Absurditäten beseitigen und wagt es sogar, an einen Komplettumzug von Bonn nach Berlin zu denken.

Berlin. (has) Der Blick ins Bundestagshandbuch erklärt einiges: 64 Abgeordnete haben ihren Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen, davon 16 im Dunst der Stadt Bonn. Schon weiß man, wo der Widerstand nicht nur, aber vor allem zu suchen ist. Jeder führende Politiker wird sich angesichts der nordrhein-westfälischen Hausmächte in Berlin genau überlegen, ob er den Bonnern das wegnehmen will, was die Berliner gerne haben wollen: den Rest der Bundesregierung. Trotzdem, es bewegt sich etwas beim möglichen Umzug der verbliebenen Bundesministerien an die Spree. Gestern widmete sich der Haushaltsausschuss zweieinhalb Stunden lang dem 103 Seiten starken Gutachten aus dem Bundesfinanzministerium, das diejenigen auf den Plan gerufen hat, die die regierungsamtliche Bonn-Berlin-Spaltung für kostenträchtig, arbeitstechnisch und politisch unsinnig halten. Die Debatte darüber kehrt immer mal wieder, insbesondere machen sich Politiker dann dafür stark, wenn sie durch Sparwillen beim Bürger punkten wollen. In Berlin sind insgesamt 8726 und in Bonn 9148 Regierungsbeschäftigte tätig. Politik wird aber an der Spree gemacht. Jährlich werden 750 Tonnen Post hin- und hergeschickt, so wird jeder Bürgerbrief an die Kanzlerin nach Bonn zum Beantworten gekarrt. 66 000-mal wurde per Flieger gependelt. Kosten über Kosten, die kaum noch zu vermitteln sind, sagen diejenigen, die möglichst viel Ministerielles nach Berlin holen wollen. Wer den Status Quo verteidigt - zum Beispiel Unionsgeschäftsführer Norbert Röttgen (Wahlkreis Rhein-Sieg/NRW) argumentiert auch auf der finanziellen Schiene, aber anders: Ein Komplettumzug würde mindestens fünf Milliarden Euro kosten. Bis wann die sich amortisiert haben, wisse kein Mensch. Doch die Milliardenzahl ist in dieser Höhe wohl nicht zu halten, sondern deutlich niedriger. Das betonten nach Informationen unserer Zeitung in der Sitzung des Haushaltsausschusses das Innen- wie auch das Finanzministerium. Dem Vernehmen nach sprach sich deshalb eine breite Mehrheit für Änderungen oder gar eine Abschaffung des Bonn-Berlin-Gesetzes aus.

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