Bonus und Malus

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Erziehungsleistungen bei den Beiträgen für die Pflegeversicherung besser zu berücksichtigen, ist politisch schwer verdaulich. Das zeigt sich an den fragwürdigen Konzepten von Regierung und Opposition. Rot-Grün kommt dem Richterspruch nach, indem Kinderlose einen höheren Beitrag zahlen sollen. Das klingt sehr nach Abkassieren, und in der Tat betrachtet Ulla Schmidt den Beschluss der Roten Roben als willkommenen Anlass zum Löcherstopfen. Dagegen setzt die Union auf eine Bonus-Regelung. Statt Kinderlose zu bestrafen, sollen Eltern belohnt werden. Das klingt sehr plausibel, hat aber ebenfalls einige Macken. Bevor es zum Bonus kommt, müssen alle Versicherten zunächst einmal mehr bezahlen. Die Begünstigten finanzieren ihre Begünstigung also zum Teil selbst. Auch soll der Vorteil anders als beim Regierungsmodell nur für die Erziehungsphase gelten. Sind die Kinder aus dem Haus, fällt der Bonus weg, und die Mehrbelastung schlägt voll zu Buche. Wie die Union das ihren Wählern erklären will, bleibt ein Geheimnis. Die viel zitierte Gerechtigkeit wird damit jedenfalls auf eine harte Probe gestellt. Ein weiterer Schwachpunkt besteht darin, dass CDU und CSU die angespannte Finanzlage der Pflegekasse ignorieren, denn die Mehreinnahmen in ihrem Modell fließen komplett in den Bonus. Dabei häuft die Pflegeversicherung schon seit Jahren immer größere Defizite an. Die halbgaren Lösungen beider Lager haben freilich weniger mit Unvermögen als mit dem Verfassungsgerichtsurteil selbst zu tun. Anstatt Möglichkeiten wie Steuergutschriften oder Kindergeldzuschläge zuzulassen, pochen die Richter ausdrücklich auf eine Beitragslösung. Damit ist der politische Gestaltungsraum praktisch gleich Null.

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