Bruchs Affäre eint die Opposition

Der Ärger um Auftragsvergaben an seinen späteren Schwiegersohn scheint für Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) noch nicht ausgestanden. Auch wenn der Streit inzwischen auch um Aufträge geht, an denen sein heutiges Familienmitglied nicht direkt beteiligt ist. Dabei versucht auch die FDP, ihr Oppositionsprofil zu schärfen.

Mainz. Das parlamentarische Vorgehen war neu: Die FDP stellte im Landtag den Antrag auf Aussprache zu den umstrittenen Auftragsvergaben, und weil ihr mit zehn Abgeordneten dazu die notwendige Stimmenzahl fehlte, half ihr die CDU nach einigen internen Verhandlungen über diese Hürde (ein Drittel der Abgeordneten). Am Ende war beiden gedient, denn das Thema ist ein erstrangiges Oppositions-Anliegen. Nur hatte die FDP bislang offenbar zu wenig Flagge mit ihrer Kritik am Innenminister gezeigt, was dem Vernehmen nach in der Partei gar nicht gut ankam.Entsprechend versuchte Fraktionschef Herbert Mertin einen schärferen Ton anzuschlagen und kritisierte, dass Bruch nicht bereits in der Sondersitzung Anfang November konkret über die drei in dieser Woche durch eine CDU-Anfrage bekanntgewordenen Aufträge der Entwicklungsagentur (EA) berichtet habe. Die EA wird gemeinsam von Innenministerium und Universität Kaiserslautern getragen."Fataler Eindruck einer Salami-Taktik"

Die Aufträge im Gesamtwert von 12 500 Euro gingen an Kollegen von Bruchs heutigem Schwiegersohn in der Medienagentur "Quadrolux" und ihrer Vorläuferin "atelier 500". Es wäre besser gewesen, alles ohne Nachklapp aufzuklären, statt den fatalen Eindruck einer Salami-Taktik bei der Fakten-Findung zu erwecken, hielt Mertin Bruch vor und sprach von verspieltem Vertrauen.Dass die Aufträge von der Entwicklungsagentur nach Bruchs Angaben ohne jede Beteiligung des Ministeriums ohne Ausschreibung vergeben wurden, entlastet den Minister aus Sicht der CDU nicht. Fraktions-Vize Alex Licht verwies auf enge Bindungen der EA zu Bruch. Die Vergaben sind für ihn ohnehin nur der Gipfel einer Kette von Affären der Landesregierung, die von geschaffenen Jobs, Postenbesetzungen ohne Ausschreibungen und Auftragsvergaben "nach dem Prinzip der Vetternwirtschaft" reicht. Wenn es bei einzelnen Projekte um 180 000 Euro gehe, sei dies keine Bagatelle, so Licht.Bruch warf im Gegenzug der CDU vor, Zusammenhänge mit den Aufträgen der Entwicklungsagentur und Kollegen seines heutigen Schwiegersohns zu konstruieren. Das sei "billig". Für den Auftrag an seinen späteren Schwiegersohn habe er sich im Nachhinein entschuldigt.Während die SPD-Fraktion mit lang anhaltendem Beifall Rückendeckung signalisierte, ließ die CDU nicht locker. Sie fragt sich, wieso beim Wirtschaftsministerium stets Konkurrenzangebote bei Auftragsvergaben eingeholt werden, beim Innenministerium jedoch nicht? Eine Antwort blieb allerdings aus. Meinung Geschmolzener Vertrauensbonus Es ist kein gutes Bild, das die Mainzer Regierung am Ende dieses Jahres abgibt. Jede Menge Negativ-Schlagzeilen über Posten- und Auftragsvergaben seit Monaten - und mitten drin Innenminister Karl Peter Bruch. Mit der Auftragsvergabe an seinen heutigen Schwiegersohn hatte sich der SPD-Kommunalminister, ungeachtet aller inzwischen unabhängig bescheinigten künstlerischen Qualität des Filmprojektes, politisch ohne Instinkt in die Nesseln gesetzt. Die Existenzgründer-Hilfe wurde zu Beginn der Affäre von ihm auch noch verteidigt. Die spätere Entschuldigung ändert nichts daran, dass der Fall höchst grenzwertig bleibt. Ein Auftrag wurde ohne Konkurrenz-Ausschreibung vergeben, statt dem Freund der Tochter klar zu sagen: "Tut mit leid, das geht nicht." Entsprechend muss sich der Minister nun gefallen lassen, dass er auch für Aufträge zur Rede gestellt wird, die aus seinem weiteren Zuständigkeitsbereich vergeben wurden und offenbar auch nicht direkt an sein heutiges Familienmitglied gingen. Diese Fälle frühzeitig konkret zu benennen, wäre kein Fehler gewesen und hätte Vertrauen zurückbringen können. Die Chance wurde vertan. Klar ist: Bruchs Vertrauensbonus ist merklich geschmolzen. Viele Chancen auszulassen, kann sich der angeschlagene Minister nicht mehr leisten, denn er ist nicht nur ein Ressortchef, der bei der geplanten Kommunalreform eine starke Position braucht, er ist auch Dienstherr vieler Beamter, über denen bei Auftragsvergaben ein scharfes Dienstrecht schwebt. j.winkler@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort