Brücke für Bisky

Der Ältestenrat des Bundestages hat der Linkspartei eine solide Brücke gebaut. Ihr Vorsitzender, Lothar Bisky, darf erneut für das Amt des Parlamentsvize kandidieren, nachdem er in der Vorwoche dreimal durchfiel.

Was aber noch bemerkenswerter ist: Bisky muss bei seinem neuen Anlauf nicht die absolute Mehrheit des Hauses auf sich vereinen. Der relative Stimmenanteil zu seinen Gunsten wäre ausreichend. Damit wurde die geltende Geschäftsordnung des Bundestages überaus wohlwollend interpretiert. Juristen gingen nämlich davon aus, dass der Wahlakt am 18. Oktober nicht einfach unterbrochen wurde, sondern neu beginnen müsse. In diesem Fall hätte Bisky eine absolute Mehrheit benötigt. Die Entscheidung der Parlamentarischen Geschäftsführer kann nur so verstanden werden, dass alle fünf Bundestagsparteien die Kuh schnell und möglichst geräuschlos vom Eis haben wollen. Bereits im zweiten Wahlgang hatte sich eine relative Mehrheit für Bisky ausgesprochen. Umso unverständlicher dann die Tatsache, dass es im dritten Anlauf nicht einmal mehr dazu reichte. Offensichtlich richteten sich die Bedenken der Nein-Sager nicht gegen Bisky selbst, sondern gegen seine Partei. Die Abstrafung Biskys, der als honoriger und pragmatischer Politiker gilt, ist aber das falsche Mittel, sich mit den Linkssozialisten, vormals PDS, auseinander zu setzen. Wer ausgrenzt, der stärkt die Linkspartei. Das hat schon die Rote-Socken-Kampagne der Union beim Bundestagswahlkampf 1994 gezeigt. Zu hoffen ist deshalb, dass die Skeptiker im vierten Wahlgang über die Brücke gehen. Ansonsten könnte die Linkspartei versucht sein, den ihr zustehenden Posten demonstrativ nicht zu besetzen. So viel Publicity würde sie nur unnötig aufwerten. nachrichten@red.volksfreund.de

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