Brüderle entdeckt die Greencard neu

An diesem Sonnabend vor genau zehn Jahren hat der damalige Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) die erste Aufenthaltsgenehmigung an einen indonesischen Computer-Spezialisten überreicht. So konnte der Fachmann seinen Job in einem Aachener Mobilfunkunternehmen antreten.

Berlin. Mit der sogenannten Greencard-Initiative reagierte die rot-grüne Koalition seinerzeit auf den großen Mangel an IT-Experten in der deutschen Hightech-Branche. Dadurch kamen bislang 33 000 solcher Fachleute ins Land.

An diese Erfolgsgeschichte will Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) anknüpfen. "Das Thema, wie Deutschland für ausländische Fachkräfte endlich attraktiv wird, steht ganz oben auf meiner Agenda", erklärte der Liberale. Der Fachkräftemangel werde zu einem wirtschaftlichen Schlüsselproblem. Deshalb sei ein Gesamtkonzept nötig, um qualifizierte Ausländer zu gewinnen. Brüderle zählte dazu ein Begrüßungsgeld, das von den Betrieben zu zahlen sei, und eine Absenkung der Einkommensschwelle für den Zuzug der Fachkräfte. Einen ähnlichen Vorstoß hatte kürzlich Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) unternommen.

Tatsächlich ist die Greencard-Initiative weitgehend versandet, nachdem sie vor fünf Jahren durch eine Regelung im Zuwanderungsgesetz abgelöst wurde. Nach Angaben des Branchenverbands Bitkom kamen im Vorjahr rund 2500 ausländische IT-Fachleute nach Deutschland. 2001 waren es mehr als doppelt so viele.

Zwar gelten die Regeln inzwischen für alle Berufe mit einem Hochschulabschluss. Aber die Zuwanderungskriterien sind sehr restriktiv. Ausländische Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten müssen sich einer "Vorrangprüfung" unterziehen. Dabei stellt die Arbeitsagentur fest, ob sich für den Job auch ein arbeitsloser Deutscher oder ein EU-Ausländer findet. In der Praxis kann das mehrere Monate dauern, was viele Betriebe abschreckt.

Eine weitere Hürde ist die grundsätzliche Befristung der Aufenthaltsgenehmigung auf maximal fünf Jahre. Für eine unbefristete Niederlassungserlaubnis muss der Betroffene entweder ein Jahresgehalt von mindestens 66 000 Euro oder die Gründung eines eigenen Unternehmens mit wenigstens fünf Beschäftigten nachweisen können. Beides ist nach Einschätzung von Experten weltfremd.

Bildungsministerin Schavan kann sich vorstellen, dass die Einkommensgrenzen auf längere Sicht komplett fallen. Obendrein hatte sie erleichterte Visa-Verfahren und bessere Bedingungen für Familienmitglieder angeregt. Derweil merkte Brüderle gestern noch an, was auf keinen Fall geht: Er halte es für "ausgeschlossen, dass der Bund mit Steuergeldern Fachkräften aus dem Ausland den Weg nach Deutschland versüßt".

Bei der Opposition zeigt man sich aufgeschlossen für den Vorstoß. "Wir fordern schon lange, die Zugangsbedingungen für ausländische Fachleute zu verbessern", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, unserer Zeitung. Zugleich warnte Pothmer davor, die Qualifizierung von deutschen Arbeitslosen zu vernachlässigen. "Beide Gruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden."

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