Bürokratisches Monster

Die gesundheitspolitische Entspannung scheint zum Greifen nah: einen Schuss Kopfprämie, ein paar Esslöffel Bürgerversicherung und fertig ist das Konzept zur Zukunft unseres Gesundheitssystems. Man kann nur hoffen, dass die jetzt bekannt gewordenen Umrisse der anstehenden Finanzreform noch nicht das letzte Wort sind.

Denn wo Kompromiss draufsteht, ist ein furchtbares bürokratisches Monster drin. Welchen Sinn macht die Einführung der von der Union favorisierten Kopfpauschale, wenn das System einkommensabhängiger Beiträge fortbesteht, wie es die SPD gern mag? Sollen sich die Krankenkassen künftig als Finanzämter betätigen, wenn Beiträge auf Zinsen und Mieteinkünfte fällig werden? Und wie lässt sich die komplizierte Finanzverteilung auf die einzelnen Kassen eigentlich steuern? Denn neben dem normalen Arbeitnehmerbeitrag und der Prämie wäre auch noch der Arbeitgeberanteil zu berücksichtigen. Kurzum, aus dem Plan kann in der Praxis nur Kuddelmuddel werden. Dabei gibt es mindestens zwei klare Möglichkeiten: Um die Lohnnebenkosten zu senken, was Schwarz-Rot erklärtermaßen will, genügt das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags. Im Interesse der sozialen Gerechtigkeit wäre allerdings eine spürbare Erhöhung des Steueranteils die bessere Lösung. Wer mehr verdient, trägt dann auch stärker zur Finanzierung des Gesundheitswesens bei. Selbst die privat Versicherten kämen mit ins Boot. Ihnen kann das gesetzliche Krankensystem im Augenblick herzlich egal sein kann. Für diesen Kurswechsel wäre die umstrittene Anhebung der Mehrwertsteuer um drei Prozent allerdings nur ein kleiner Vorgeschmack. Dass SPD und Union trotzdem ernsthaft darüber nachdenken, ist deshalb schwer vorstellbar. nachrichten.red@volksfreund.de

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