Bundes-CDU offen für die Grünen

Noch vor wenigen Jahren wäre dieser Satz aus dem Mund eines CDU-Generalsekretärs revolutionär gewesen: "Ole von Beust hat die Möglichkeit, Mehrheiten mit den Grünen wie mit der SPD zu bilden". Ronald Pofalla läutete gestern um 18.30 Uhr im Berliner Konrad-Adenauer-Haus wie beiläufig eine Zeitenwende für die Union ein: schwarz-grüne Bündnisse.

Hamburg/Berlin. In der Fernseh-Elefantenrunde der Generalsekretäre ging Pofalla am Abend sogar noch weiter. Da erklärte er, das schwarz-grüne Modell sei nicht nur für Hamburg, sondern "auch für Deutschland" interessant. "Es ist doch gut, wenn es eine Möglichkeit mehr gibt in der politischen Farbenlehre." Widerspruch aus der CSU

Die CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer widersprach sogleich. Schwarz-Grün sei vielleicht eine "Hamburger Sache", aber darüber hinaus sehe sie "keinen Weg zu den Grünen". In deren Führung ist man prinzipiell für ein erstes Experiment in der Hansestadt offen. Parteichefin Claudia Roth sagte jedenfalls nicht nein sondern nannte, schon im Stil von Koalitionsverhandlungen, die Bedingungen: eine andere Schulpolitik, keine Elbvertiefung und kein neues Kohlekraftwerk. Der einzige Parteivorsitzende, der außer Claudia Roth an diesem Wahlabend in Berlin vor die Kameras trat, war SPD-Chef Kurt Beck. Aus gutem Grund. In seiner Partei grummelt es heftig wegen seiner Plaudereien, Andrea Ypsilanti könne sich in Hessen mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Selbst der Parteilinke Niels Annen meinte, das sei für die Hamburger Wahlkämpfer "kein Rückenwind" gewesen. Hamburgs Ex-Regierungschef Henning Voscherau schimpfte, diese Debatte sei völlig überflüssig, und auch Landeschef Ingo Egloff meinte: "Geholfen hat uns das sicher nicht." Beck entschuldigte sich - einerseits. Es habe Irritationen gegeben, räumte er ein. "Wenn ich selbst einen Beitrag dazu getan habe, dann bedauere ich das." Andererseits, so relativierte er sogleich, könne er in dem Wahlergebnis kein Anzeichen sehen, dass sich das merkbar ausgewirkt habe.Kommt es in Hessen zum Tabu-Bruch?

Inhaltlich ging der SPD-Vorsitzende jedoch nicht darauf ein, ob er in Hessen tatsächlich das bisherige Tabu einer, wenn auch nur indirekten, Zusammenarbeit mit den Linken brechen will. Darüber wird heute früh in der SPD-Spitze Tacheles geredet. Beck hat um Anwesenheit aller Präsidiumsmitglieder gebeten. Die Diskussion dürfte heftig werden. Sieger waren an diesem Wahlabend wie immer alle. Pofalla zog eine Bilanz aller zurückliegenden drei Urnengänge dieses Jahres und meinte, dreimal sei die CDU stärkste Partei geworden, dreimal habe sie den Regierungsauftrag bekommen. Er übersah geflissentlich, dass die Union jeweils zwischen 4,4 und zwölf Prozent verlor, in Hamburg und Niedersachsen zudem ihre absolute Mehrheit und in Hessen womöglich sogar die Macht. Für FDP-Generalsekretär Dirk Niebel war der Wahlabend schon kurz nach Verkündung der ersten Hochrechnungen ein Erfolg - da war die Fünf-Prozent-Hürde noch lange nicht sicher übersprungen. Richtig dick trugen die Linken auf. Mit 200 Landtagsabgeordneten in insgesamt zehn Landtagen sei man nun die dritte Kraft in Deutschland, frohlockte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Dass die Linken in Hamburg wohl auch wegen ihrer Verbindungen zur DKP schlechter abschnitten als vorhergesagt, verschwieg er.

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