Bundespräsidentenwahl: Die Musik spielt jetzt bei der Union

Berlin · Bis zum entscheidenden Gipfel der drei Parteichefs der großen Koalition am kommenden Freitag spielt die Musik bei CDU und CSU. Auf die Frage, ob man noch einen eigenen Kandidaten ins Rennen um die Nachfolge von Joachim Gauck schicken wird, wird dort inzwischen am liebsten mit einer Gegenfrage geantwortet: "Wer soll das denn sein?"

Berlin. Im Kanzleramt hat Angela Merkel eine lange Liste mit Absagen erstellen müssen. Bei ihr ist der Druck, den SPD-Chef Sigmar Gabriel entfaltet hat, vollends angekommen. Gabriels Vorstoß, den allseits anerkannten und beliebten Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Februar in der Bundesversammlung zum Bundespräsidenten zu wählen, hat Merkels Dilemma verstärkt - sie hat bislang niemanden gefunden, den sie dem Genossen überzeugend entgegensetzen könnte. "Jemanden mit Steinmeiers Profil und Ruf lässt sich nicht mehr aus dem Hut zaubern", räumt man in der Union ein. Norbert Lammert wäre so einer gewesen. Im Amt stets unparteiisch, hätten den Bundestagspräsidenten selbst Linke mitwählen können. Bei einer Kampfkandidatur hätte der CDU-Mann vermutlich spätestens im dritten Wahlgang, in dem keine absolute Mehrheit mehr nötig ist, bessere Karten gehabt als Steinmeier. Doch von Lammert hat sich Merkel mehrfach eine Absage eingeholt.
Die SPD genießt die Lage - und schweigt. Allen voran Steinmeier. Die Zeit spielt dem SPD-Kandidaten in die Hände. Aus CDU und CSU ist keinerlei Kritik an ihm zu hören. Ein mögliches Rückzugsmanöver der Union bleibt damit möglich, falls es Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer nicht gelingen sollte, bis Freitag einen adäquaten Kampf- oder schwarz-roten Konsenskandidaten zu finden. In einem solchen Fall, heißt es im Kanzleramt, wäre es schlauer, mit Steinmeier zu gewinnen, statt gegen ihn zu verlieren.
In der Unionsfraktion ist zwar dem Vernehmen nach "ein Großteil" der Abgeordneten für einen eigenen Kandidaten. Doch keiner kann sagen, wer ein besserer Anwärter wäre. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt baut bereits vor: Bei der Präsidentenwahl sei es nicht wie bei einer Sachentscheidung, wo "man sich durchsetzen muss".
Mögliche Alternativen


Hat Angela Merkel überhaupt noch Alternativen? Zwei Namen sind in diesen Tagen etwas häufiger als andere gefallen. Zum einen der der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Doch realistisch ist diese Personalie eher nicht. Am 26. März kommenden Jahres wird an der Saar gewählt. "AKK", wie die CDU-Frau intern genannt wird, wird tagespolitisch in der Union gebraucht. Auch wenn es darum geht, wer irgendwann einmal Angela Merkel beerben könnte.
Die andere Personalie ist der Grüne Winfried Kretschmann, nicht nur ein enger Freund der Kanzlerin. In der CSU heißt es: "Seehofer und Kretschmann verstehen sich bestens." Würden sich die Schwarzen mit den Grünen verbünden, hätte Steinmeier gegen Kretschmann angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung keine Chance.

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