Bundesweite Spielerkarte im Kampf gegen die Sucht

Berlin · Geldspielautomaten können abhängig machen. Die Bundesregierung will deshalb ihren Kampf gegen die Sucht verstärken. Eingeführt werden soll eine bundesweite, elektronische Spielerkarte, ohne die künftig niemand mehr an Automaten sein Glück versuchen kann.

Berlin. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, der der Sucht bei Menschen entgegenwirken soll. Ihm zufolge sind neben einer bundesweiten elektronischen Spielerkarte schärfere Auflagen für Gastwirte bei der Automatenaufstellung und höhere Bußgelder geplant.
Erst kürzlich hatte die Regierung beschlossen, im Rahmen der Reform des Baurechts den Wildwuchs von Spielhallen in deutschen Kommunen zu beenden. Jetzt sieht sie beim Spieler- und Jugendschutz "Handlungsbedarf", wie es im Entwurf heißt.
Wer also bald sein Geld in Automaten werfen will, benötigt ein "personenungebundenes Identifikationsmittel". Im Klartext: Ohne vorherigen Kauf einer "Spielerkarte" in der Kneipe oder der Spielhalle geht nichts.
Mittelfristig erwägt die Regierung sogar, das Ticket mit persönlichen Daten zu versehen und eine zentrale Speicherung vorzunehmen. Dazu müssten aber erst noch technische sowie Datenschutzfragen geklärt werden, ist in dem Entwurf zu lesen.
In Deutschland sind nach Angaben der Drogenbeauftragten rund 264 000 Menschen abhängig vom Glücksspiel. Millionen Euro werden im Jahr verzockt. Die Betroffenen verschulden sich und zerstören so ihre sozialen Beziehungen.
Deshalb will die Koalition jetzt gegensteuern. Für die "Spielerkarte" sind mehrere Modelle im Gespräch, darunter ein Vorschlag des Instituts für Therapieforschung in München, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums 2010 eine entsprechende Studie erarbeitet hatte. Demnach soll der Spieler nur eine Karte pro Tag und Spielstätte erwerben können. Auf dem Ticket werden dann der Geldbetrag, das Datum und die Abbuchungen gespeichert.
Mehr als 200 Euro soll ein Spieler nicht einzahlen dürfen. Beim Laden der Karte wird das Alter geprüft. Gewinne sollen pro Stunde ausbezahlt und nicht auf der Karte gespeichert werden, nach einer Stunde erfolgt eine Zwangspause durch Abschalten aller Spielvorgänge. Durch die Karte könnte die Entwicklung von Suchtmerkmalen eingedämmt werden, so die Experten.
Die Münchner Fachleute kamen in ihrer Studie überdies zu dem Ergebnis, dass vielen Gastwirten die Vorgaben zum Jugendschutz nicht ausreichend bekannt sind. Darauf reagiert die Bundesregierung nun damit, dass sich Kneipiers ihr Wissen über den Spieler- und Jugendschutz vorher von den Industrie- und Handelskammern bescheinigen lassen müssen. Ansonsten dürfen sie keine Geldspielautomaten aufstellen. Zugleich soll das Bußgeld für Verstöße gegen die Bestimmungen von derzeit maximal 2500 Euro auf 5000 Euro angehoben werden.
Der Verband der Automatenindustrie äußerte sich gestern auf Nachfrage zurückhaltend zu den Regierungsplänen. Man sei mit dem Wirtschaftsministerium im Gespräch. "Gegen etwas Sinnvolles wird sich aber keiner wehren", betonte ein Sprecher.Extra

Das geänderte rheinland-pfälzische Landesglücksspielgesetz ist seit Juli 2012 in Kraft. Es legt für Spielhallen fest: einen Mindestabstand von 500 Metern zu anderen Spielhallen und zu Jugendeinrichtungen, eine Sperrzeit zwischen null und sechs Uhr morgens sowie ein Sportwettenverbot. Neue Hallen benötigen eine glücksspielrechtliche Erlaubnis der Landesbehörde ADD in Trier. Gaststätten: Wirte müssen sicherstellen, dass kein Minderjähriger an Geld- oder Warenspielgeräten spielt. Die ADD will die Einhaltung des Gesetzes durch Testkäufe und -spiele kontrollieren. red

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