Burkinis in Frankreich: Streit um den Stoff am Strand

Paris · Frankreich diskutiert über das Verbot von Burkinis am Strand. Das Thema verstärkt die Spannungen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen.

"Korrekte Kleidung, die die guten Sitten und die Laizität respektiert" ist am Strand von Cannes gefragt. Der mondäne Badeort an der Côte d'Azur umschreibt damit nur notdürftig das Verbot von Burkinis, das seit Ende Juli gilt. Für David Lisnard, den konservativen Bürgermeister, ist der Ganzkörperbadeanzug Ausdruck eines radikalen Islam. Und das in einer Zeit, "wo Frankreich und seine religiösen Stätten Ziel von Terroristen sind", wie es im Erlass seiner Stadtverwaltung heißt. Eine deutliche Anspielung auf den Anschlag im benachbarten Nizza und den tödlichen Angriff auf einen Priester in der Normandie im Juli.

Unterstützung bekam Lisnard, der Burkini-Trägerinnen mit einer Geldstrafe von 38 Euro belegt, am Mittwoch ausgerechnet vom sozialistischen Regierungschef Manuel Valls. "Die Strände müssen ebenso wie die öffentlichen Plätze von religiösen Forderungen freigehalten werden", sagte der Premierminister der Zeitung "La Provence". Er unterstütze deshalb Lisnard und das knappe halbe Dutzend weiterer Bürgermeister, die den durchgehenden Schwimmanzug am Strand verboten haben. Eine Entscheidung, die im Hochsommer heiß diskutiert wird. Denn nach den Anschlägen wächst die Islam-Feindlichkeit in Frankreich, das mit rund fünf Millionen Mitgliedern die größte muslimische Gemeinde Europas hat.

Burkini als Wahlkampfthema

Die Beobachtungsstelle gegen Islam-Feindlichkeit reagierte deshalb gereizt auf das Thema, mit dem erneut die Muslime stigmatisiert würden. "Das ist eine Art, Populismus zu betreiben und zu versuchen, extremistische Wähler zu gewinnen", kritisierte ihr Vorsitzender Abdallah Zekri im Fernsehen. Acht Monate vor den Präsidentschaftswahlen scheint der Burkini zu einem Thema zu werden, das vor allem dem rechtspopulistischen Front National (FN) in die Hände spielt. FN-Chefin Marine Le Pen hatte bereits vor Jahren ein generelles Kopftuchverbot auf der Straße gefordert.

In Frankreich, wo Staat und Religion streng getrennt sind, ist die Burka seit 2011 verboten. In Schulen gilt seit 2004 ein Kopftuchverbot, dessen Ausweitung auf Universitäten immer wieder diskutiert wird. Für den Burkini solle es kein generelles Verbot geben, stellte Valls am Mittwoch klar. Doch er warnte vor dem Kleidungsstück, das auf einem Konzept der Unterwerfung der Frau beruhe. Deutliche Worte gegen den Ganzkörperanzug, dessen Verkauf in Frankreich schon im Frühjahr die Gemüter erregte, fand auch Frauenministerin Laurence Rossignol. "Der Burkini ist eine Strandversion der Burka, denn er steht in der selben Logik: Es geht darum, einzusperren, den Körper der Frau zu verstecken. Dahinter steht eine zutiefst archaische Sicht auf den Platz der Frau in der Gesellschaft", sagte sie der Zeitung "Le Parisien". Die Sozialistin hatte sich bereits im Frühjahr den Zorn der Muslime zugezogen, als sie Kopftuchträgerinnen mit "amerikanischen Negern" verglichen hatte, die die Sklaverei selbst gewählt hätten.

Die Beobachtungsstelle gegen Islam-Feindlichkeit will das Burkini-Verbot nicht auf sich beruhen lassen und den Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht einschalten. Denn die Argumentation der Bürgermeister, dass die Badekleidung die öffentlichen Ordnung gefährde, ist ziemlich dünn - Zwischenfälle am Strand gab es bisher kaum. Auch auf Korsika, wo sich korsische Jugendliche mit nordafrikanischen Einwandererkindern am Wochenende eine Massenschlägerei lieferten, waren wohl nicht die Fotos von Badenden in Burkinis der Auslöser. Es ging ersten Ermittlungsergebnissen zufolge zuerst einmal ganz banal um den Platz am Strand.

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