Bushs Dilemma

Nach der Hinrichtung von Saddam Hussein, die zurecht vor allem in Europa unter Todesstrafen-Gegnern auf Kritik gestoßen ist, stellt sich im Irak mit dem Beginn des Jahres 2007 die bange Frage: Wie geht es weiter?

Die Erklärung von US-Präsident George W. Bush, mit der Exekution des Ex-Diktators sei "ein Meilenstein" auf dem Weg zur Demokratie des Landes erreicht, ist dabei vor allem aus einem Grund angreifbar: Denn Bush - nimmt man seine Worte als Maßstab - glaubt offensichtlich, dass der Tod des Despoten eine versöhnliche Wirkung auf die sich bekämpfenden ethnischen Gruppierungen haben und das Land letztendlich stabilisieren wird. Doch gleichzeitig scheint der US-Präsident Vorschlägen zugeneigt, die Truppenstärke in Bagdad und in der als "Todesdreieck" berüchtigten Anbar-Provinz kurzfristig massiv aufzustocken. Von tatsächlichem Optimismus zeugt dies nicht, und mit 3000 toten US-Soldaten wurde soeben eine weitere traurige Wegmarke erreicht. Hinzu kommt, dass Anhänger Saddam Husseins nun eine Welle neuer Anschläge gegen amerikanische Truppen in Aussicht gestellt haben. In seiner Neujahrsansprache betonte Bush jetzt, man werde auch 2007 gegen "die Feinde der Freiheit" und Terroristen in der Offensive bleiben - und die Sicherheit des eigenen Landes voranbringen. Diese Worte zielten vor allem in Richtung Irak, wobei vielen in den USA noch immer nicht einleuchten will, wie das Engagement im Zweistromland Amerika tatsächlich sicherer macht. Bezeichnenderweise hatte das Pentagon kürzlich eine Analyse veröffentlicht, in der festgehalten wurde, die derzeitigen Gewalttaten spiegelten vor allem den Kampf zwischen Sunniten und Schiiten um religiösen, politischen und wirtschaftlichen Einfluss im Irak wider. Aktionen von Terroristen seien jedoch in den Hintergrund gerückt. Studien wie diese dürften es dem Präsidenten erschweren, den langfristigen Verbleib von großen Truppenteilen im Irak als "Hilfspolizisten" glaubhaft zu rechtfertigen, wenn er in diesem Monat einen neuen "Fahrplan" für die Militärkampagne vorstellt. Bush steckt dabei in einem kaum lösbar scheinenden Dilemma: Zum einen will eine Mehrheit der US-Bürger eine absehbare Rückkehr der Truppen - zum anderen jedoch versprach der Texaner den Angehörigen der Gefallenen jetzt erneut, er werde sicherstellen, dass diese ihr Opfer nicht vergeblich gebracht hätten. nachrichten.red@volksfreund.de

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