Bushs Muskelspiele

Dass die US-Luftstreitkräfte nun mit ihrer größten Attacke seit dem Beginn der Irak-Invasion vor drei Jahren begonnen haben, hat sowohl innen-, als auch sicherheitspolitische Gründe. Die militärischen Muskelspiele kommen einem Präsidenten nicht ungelegen, der sich seit Wochen in einem historischen Stimmungstief befindet und es mittlerweile schwarz auf weiß hat, dass zwei Drittel der US-Bürger seine Politik nicht mehr mittragen.

Die Luftoffensive ist jedoch nun bestens dazu geeignet, von diesem Dilemma abzulenken und Handlungsstärke zu demonstrieren - auch wenn die Angriffe gegen Aufständische und Extremisten am Ende wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein dürften. Denn selbst wenn US-Präsident Bush in seinen Reden immer wieder betont, man mache auch in punkto Sicherheit große Fortschritte im Irak: Die Realität sieht anders aus. Die Region um die Stadt Samarra nördlich von Bagdad, wo seit gestern US-Bomber Angriffe fliegen, ist nur einer von zahlreichen Brandherden in dem Zweistromland, wo mittlerweile vielerorts bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen und sich - siehe die jüngste Sprengung einer Moschee in Samarra - rivalisierende ethnische Gruppen gegenseitig an die Gurgel gehen. Zudem hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass Angriffe aus der Luft nur begrenzt dazu taugen, "Nester" von Radikalen auszuräuchern, die sich meist inmitten dicht besiedelter Viertel befinden. "Kollateralschäden", sprich Verluste unter der Zivilbevölkerung, scheinen also auch bei dieser Operation unvermeidbar. Vergangene Militäraktionen haben zudem nicht wesentlich zu einer Reduzierung der Bombenanschläge beigetragen, die weiter im gesamten Land täglich das Leben von Einheimischen und US-Soldaten fordern. Mit der jetzt gestarteten Offensive hat Washington diese zunächst bestrittene Einschätzung im Prinzip bestätigt. nachrichten.red@volksfreund.de

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