Byzanz ist pleite

Der Aufschrei der Städte ist laut und berechtigt: Tatsächlich ist ein Defizit von insgesamt 9,9 Milliarden Euro eine Katastrophe. Denn anders als bei der Verschuldung von Bund und Ländern sind darin nur laufende Kosten und noch keine Kredite für neue Investitionen enthalten. Genau die können sich viele Kommunen kaum noch leisten, weil Zins und Tilgung wieder die laufenden Kosten nach oben treiben. Eine Einschränkung der Investitionen liegt da nur allzu nah. Damit schneiden sich Städte und Gemeinden jedoch ins eigene Fleisch. Denn den Kommunen ist im bundesrepublikanischen Staatsgefüge die Rolle von Investoren zugedacht. Das ist auch vernünftig, weil kommunale Projekte aufgrund ihrer meist überschaubaren Dimension von Unternehmen, die vor Ort angesiedelt sind, übernommen werden können. So dass die heimische Wirtschaft gestärkt und damit die Einnahmen aus der Gewerbesteuer gesichert werden, die Haupteinnahmequelle der Städte und Gemeinden sein soll. Doch das ist zurzeit graue Theorie. Aus dem Kreislauf ist angesichts der lahmenden Konjunktur ein Teufelskreis geworden. Gewiss sind die wegbrechenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer der Kern des momentanen Übels. Dass man daraus den Schluss zieht, ausgerechnet die Gewerbesteuerumlage zu senken, so dass die Kommunen einen geringeren Teil ihrer Einnahmen an Bund und Länder abführen müssen, ist jedoch noch kein tragfähiger Reformvorschlag. Denn an der Konjunkturabhängigkeit der Kommunalfinanzen ändert sich damit nichts. Die Umlage war ja im Gegenzug zur Beteiligung der Städte und Gemeinden an Einkommens- und Umsatzsteuer eingeführt worden mit dem Ziel, die Abhängigkeit der Kommunen vom Wirtschaftsverlauf abzuschwächen und damit auch ihre Investitionstätigkeit zu verstetigen. Der Teufelskreis muss grundlegend durchbrochen werden. Dazu gehört sicher die Entlastung der Gemeinden von der in schlechten Zeiten zusätzlich belastenden Sozialhilfe. Dazu gehört auch, dass den Kommunen nicht durch ständig neue Vorschriften immer höhere Kosten aufgebürdet werden, ohne ihnen dafür Geld zur Verfügung zu stellen. Städte und Gemeinden müssen sich jedoch zugleich fragen, ob vor allem in den Verwaltungen alle Sparpotentiale ausgeschöpft sind oder nicht vieles doch doppelt erledigt und zu teuer eingekauft wird. Manches wirkt in den Rathäusern immer noch hinreichend byzantinisch. ross@volksfreund.de

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