CDU macht den Bauernpräsidenten wütend

Trier · Bauernpräsident Leo Blum attackiert scharf die CDU. Ihre Forderung nach Abschaffung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sei "Schwachsinn", sagt der Bauernfunktionär, der auch Vorstand der Sozialversicherung ist.

 Alles für die Aussaat bereit macht dieser Bauer auf einem Feld in der Eifel. Und die private Ernte später als Rentner? Über die Sozialversicherung der Landwirte gibt es Streit.TV-Foto: KLaus Kimmling

Alles für die Aussaat bereit macht dieser Bauer auf einem Feld in der Eifel. Und die private Ernte später als Rentner? Über die Sozialversicherung der Landwirte gibt es Streit.TV-Foto: KLaus Kimmling

Trier. Wäre Leo Blum nicht bereits vor 24 Jahren aus der CDU ausgetreten ("Aus verschiedenen Gründen"), dann würde er vermutlich spätestens jetzt sein Parteibuch abgeben. Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau ist jemand, der gerne Klartext redet. Doch bei dem Thema, das seine Ex-Parteifreunde nun auf die Tagesordnung gesetzt haben, nämlich die Abschaffung der eigenständigen Sozialversicherung der Landwirte, schäumt der Bauernfunktionär vor Wut. "Ich weiß nicht, was die da geritten hat", sagt Blum, der auch Vorsitzender der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ist. Das sei der "größte Schwachsinn" und "Blödsinn" sagt Blum über den Antrag, den der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Arnold Schmitt aus Riol (Trier-Saarburg), vergangene Woche gestellt hat.
Quasi in einem Nebensatz im Antrag zur Abschaffung der Hofabgabeklausel - Landwirte erhalten erst dann ihre Bauern-Rente, wenn sie ihren Hof an einen Nachfolger übergeben haben - fordert die Unionsfraktion die Landesregierung auf, sich "für die Übertragung der reinen landwirtschaftlichen Altersversorgung in die allgemeine Altersversorgung einzusetzen". Mit anderen Worten: Die Landwirte sollen laut CDU-Antrag die seit 1959 bestehende eigenständige Sozialversicherung aufgeben und dann Pflichtmitglied in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung werden.
Wenn Bauern und Winzer eine höhere Rente bekämen und damit die soziale Absicherung wieder attraktiver werde, könnte das dazu beitragen, wieder mehr Menschen für die Landwirtschaft zu gewinnen, heißt es dazu. "Ich weiß, dass die rheinland-pfälzische CDU mit dieser Position nicht im Einklang mit der Bundes-CDU steht", räumt Schmitt ein.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte erst im vergangenen Jahr zusammen mit SPD und Grünen eine Reform der landwirtschaftlichen Sozialversicherung auf den Weg gebracht. Die bis Ende 2012 neun selbstständigen Verwaltungen der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland bildeten eine Verwaltungsgemeinschaft) wurden im Januar zu einer bundesweiten Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau zusammengelegt.
Bei der Diskussion wurde damals deutlich, dass die Bundes-CDU eine Reform der Sozialversicherung für überlebensnotwendig hält, aber keinesfalls an der Existenz des eigenständigen Sicherungssystems rütteln will. Einzig die Linken wollen die Bauernversicherung abschaffen. Von den 2011 von der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ausgegebenen 6,3 Milliarden Euro hätte 60 Prozent der Bund getragen. Grund: Wegen fehlender Nachfolger reichen die Beitragszahler längst nicht mehr aus, um die Alterssicherung der Alt-Bauern zu zahlen.
Genau das ist auch die Argumentation von Schmitt. Mit der Eingliederung der Landwirte in das gesetzliche Sozialversicherungssystem werde die bäuerliche Altersversorgung auf breitere Füße gestellt.
Dass er damit den Zorn der Bundespartei auf sich zieht, weiß Schmitt. Und er ist es gewöhnt. Der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Trier-Saarburg hat vor zwei Jahren bereits zusammen mit dem Eifeler CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen für Unmut bei den Parteioberen gesorgt, als beide das Thema gesetzlichen Mindestlohn thematisierten. Zumindest haben sie es geschafft, dass sich die Landes-CDU des Themas angenommen hat. Auch das Thema Mütterrente, also die Besserstellung von Müttern, die vor 1992 Kinder bekommen haben, bei der Rente ging vor allem von regionalen CDU-Politikern aus.
Doch mit dem Antrag auf Abschaffung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sei die CDU zu weit gegangen, sagt Bauernpräsident Blum. Das würde die Aufgabe eines gut funktionierenden Systems bedeuten. Und dass die Landwirte im Schnitt nur 460 Euro als Rente erhalten, sei nichts Neues. "Die Bauern haben sich darauf eingestellt." Es sei halt nur eine Zuschussrente. Die meisten Landwirte hätten sich durch zusätzliche Lebensversicherungen oder durch Einnahmen wie etwa die Erlöse aus Photovoltaikanlagen abgesichert, sagt Blum. Während sie jetzt 220 Euro im Monat in die Alterskasse einzahlten, würde es mit der gesetzlichen Rentenversicherung vier Mal so viel sein. Das könne sich doch kaum ein Bauer leisten, ereifert sich Blum.Extra

Die landwirtschaftliche Sozialversicherung wurde gegründet, um alle Selbstständigen aus den Bereichen Landwirtschaft, Weinbau, Forstwirtschaft und Gartenbau zu versichern. Auch deren Ehepartner und Kinder sind kostenlos mitversichert. Die Sozialversicherung umfasst eine Unfallversicherung, die sich unter anderem an der bewirtschafteten Fläche orientiert, eine Alterssicherung, für die monatlich 220 Euro eingezahlt wird und die eine Zuschussrente garantiert, eine Krankenversicherung, die sich ebenfalls an der Flächengröße orientiert, und eine Pflegeversicherung, die sich aus einem prozentualen Aufschlag auf die Krankenversicherung finanziert. Um der Sozialversicherung beizutreten, muss der Landwirt selbstständig einen Betrieb führen. Alle selbstständigen Bauern, Winzer, Förster und Gärtner sind Pflichtmitglied in der Versicherung. Bis Ende des vergangenen Jahres bestand die landwirtschaftliche Sozialversicherung aus neun eigenständigen Verwaltungen. Seit Januar 2013 gibt es nur noch einen bundesweiten Versicherungsträger, und zwar die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. wie

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