Chance vertan

Das Scheitern der Volksabstimmung zur Vereinigung Zyperns wirft Europa zurück. Zu groß sind noch die Unterschiede zwischen den griechisch-orientierten, abendländischen Zyprioten und den Menschen auf der anderen, zudem wirtschaftlich schwächeren Seite, die sich der türkischen Nation zuordnen.

Vor dem Hintergrund des immer stärkeren Zusammenwachsens der Europäischen Union hat dieser Volksentscheid einen faden Beigeschmack und zeugt davon, dass eine historische Chance vertan wurde. Eine Vereinigung Zyperns hätte ein Zeichen setzen können und den europäischen Gedanken bestärkt. Sie hätte zudem die Weichen für einen späteren Beitritt der Türkei stellen können - eine geopolitisch bedeutsame Entscheidung, da die Türkei an den unruhigen Irak grenzt. Trotz allem berechtigten Jubel über Euro, die EU-Erweiterung und den Willen zur gemeinsamen Sicherheitspolitik, trotz des großen Potenzials, das sich viele von der Europäischen Union erhoffen, zeigt diese Entwicklung in einem kleinen Beitrittsland, dass der Weg dahin noch weit ist. Zur Stärkung der EU ist nun einmal auch viel Toleranz von Nöten - und die muss vor der eigenen Haustür beginnen. Es nutzt wenig, wenn sie von den Politikern beschworen wird, die einig sind und schenkelklopfend im Straßburger Parlament sitzen. Dass Vereinigungen der europäischen Art Zeit brauchen, beweist ein Blick zurück. Frankreich und Deutschland haben eine Generation benötigt, bis sie sich so angenähert hatten, dass auch breite Bevölkerungsschichten die Freundschaft mittragen. Und das waren lediglich zwei Nationen. Nun sollen zehn genauso einig werden, in viel kürzerer Zeit. Da bleibt noch viel zu tun. hp.linz@volksfreund.de

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