Christina geht,Eva kommt

BERLIN. Der ganze Rummel hat bald ein Ende. "Die neue Freiheit wird bestimmt schön", freut sich Christina Rau. Fünf Jahre lang war die gebürtige Westfälin erste Frau im Staat. Am 30. Juni endet die offizielle Amtszeit ihres Mannes im Berliner Schloss Bellevue. Die neue "First Lady" der Republik wird dann Eva Köhler heißen.

Christina Rau hat sich nie in den Vordergrund geschoben. Ihre Aufgabe sah sie stets in der Unterstützung des Präsidentengatten. Und trotzdem ist sie mehr als nur die Frau an der Seite von Johannes Rau. Die Enkelin des verstorbenen Altbundespräsidenten Gustav Heinemann wusste durchaus eigene Akzente zu setzen. "Wir haben bei uns nicht die Aufgabenteilung, dass der Mann nur fürs Politische, die Frau nur fürs Soziale zuständig ist", hat sie selbstbewusst einmal erklärt. Ebenso wie ihre Vorgängerinnen wurde die studierte Politologin natürlich auch Schirmherrin über gut ein Dutzend wohltätiger Organisationen. Schließlich gibt es eine jahrzehntelang gewachsene Tradition. Dazu gehört zum Beispiel die Schirmherrschaft über das Müttergenesungswerk. Aber die 47-jährige Mutter zweier Töchter und eines Sohnes lässt sich nicht auf das Image der Seelsorgerin von nebenan reduzieren. Das mag auch mit ihrer sportlichen Begeisterung zusammenhängen. Abseits des roten Teppichs wurde sie schon mit Inlineskates gesichtet. Selbst das Tiefseetauchen gehört zu ihren Hobbys. Noch vor einigen Jahren übte sich Christina Rau sogar im Fallschirmspringen. Frühere Präsidentenfrauen haben sich um Krebspatienten oder Mukoviszidose-Opfer gekümmert. Sie hat die Grenzen weiter gezogen. In Benin machte sich Christina Rau mit Projekten gegen Kinderhandel vertraut. In Südafrika besuchte sie Aids-Kranke. Im deutsch-tschechischen Grenzgebiet stellte sie eine Studie über Kinderprostitution vor. Kurzum, sie passte nie so recht in ein unverfängliches "Damenprogramm". Beim Staatsbesuch in Brasilien etwa bestand ihr Programmpunkt in einem Besuch bei Hilfsprojekten für Straßenkinder. So gewann Christina Rau an Profil. In der Kunst des Repräsentierens kannte sie sich schon vorher aus. Als Johannes Rau 1982 die 25 Jahre jüngere Christina ehelichte, war er bereits Landesvater von Nordrhein-Westfalen. Eine Botschafter-Gattin hat Christina Rau einst das Dilemma beschrieben, in der ihre Spezies steckt: "Halte ich bei Staatsbesuchen den Mund, heißt es, ich tue nichts. Ergreife ich das Wort, wird mir womöglich angekreidet, ich mischte mich in Dinge ein, die mich nichts angingen."Schon Erfahrung auf internationalem Parkett

Christina Rau hat den schwierigen Balanceakt mit Bravour bestanden. Und Eva Köhler? Auch ihr bleiben fünf Jahre Zeit, in die Rolle der "First Lady" hinein zu wachsen. Und auch sie fängt auf dem internationalem Parkett keineswegs bei Null an. Spätestens seit der Wahl ihres Mannes zum Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Jahr 2000 ist Eva Köhler nicht mehr nur eine Privatperson. Die Wirtschaft kennt ebenfalls genügend Repräsentationspflichten. Außerdem kümmerte sich die 57-jährige um die Eingliederung der neuen IWF-Mitglieder. Kollegen haben aus dieser Zeit ein wunderbares Bild in Erinnerung: Die Köhlers waren auf Betriebsfesten meisterlich im Tanzen von Walzer und Rock`n Roll. Auch beim kurzen "Wahlkampf" für das Präsidentenamt harmonierten Horst und Eva Köhler gut. Politisch muss das aber nicht viel bedeuten. In den 70er Jahren machte Eva Köhler noch für die SPD Kommunalpolitik. Damals war sie Grundschullehrerin und mit der Erziehung der beiden Kinder beschäftigt. Ihre Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten ging übrigens auf die Begeisterung für Willy Brandt zurück. Die Euphorie legte sich mit der Politik des Brandt-"Enkels" Oskar Lafontaine - 1990 gab Eva Köhler ihr Mitgliedsbuch zurück. Während die Raus nach der Amtsübergabe erst einmal Urlaub auf ihrer Lieblingsinsel Spiekeroog machen wollen, wird Eva Köhler wohl als erste "Amtshandlung" den traditionellen Vorsitz des Müttergenesungswerkes übernehmen. Dabei hat sie schon weitere Pläne. Zwar lägen ihr die Kinder sehr am Herzen, erklärte sie neulich in einem Interview. Aber auch die Sorgen der älteren Mitbürger dürften nicht vergessen werden. Darin könnte ihre große Herausforderung liegen.

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