"Columbia"-Tragödie: Trauer, Trümmer, Trotz

Cape Canaveral . "Die Columbia ist verloren." Als US-Präsident George W. Bush am Samstag mit versagender Stimme diese Worte spricht, hat sich das Raumfähren-Desaster längst bei den Fernsehzuschauern eingebrannt: Immer wieder zeigen die Sender jenen kurzen Film, der zur Dokumentation des Horrors wurde.

Ein blauer Himmel, ein großer Punkt, gefolgt von Kondensstreifen. Plötzlich Rauchwolken, Feuer und Trümmerteile, als die Columbia in über 60 000 Metern Höhe in ihre Einzelteile zerbricht, die zusammen mit den Körperteilen der sieben Astronauten über Texas und Louisiana herabregnen. Für die USA beginnt damit nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eine neue Runde der Trauer. Die Fahnen an den öffentlichen Gebäuden werden auf Halbmast gesetzt, Präsident Bush lässt sich vom Weißen Haus zu den Angehörigen durchschalten, die im Kennedy Space Center in Florida mit Blumen und selbstgemalten Schildern auf die Rückkehr der Columbia gewartet hatten. Unterdessen werden die ersten Trümmerteile entdeckt: ein glühendes Stück Metall auf einem Parkplatz, eine schwarz gefärbte Kachel des "Columbia"-Hitzeschildes auf einem Schulhof. Bald liegen Blumen und Nationalflaggen an Fundstellen, die zur Pilgerstätte von Gaffern, Trauernden und Sammlern werden. Während auch Leichenteile geborgen werden ein Spaziergänger findet auf einer Landstraße einen verkohlten Torso , regieren im Nasa-Kontrollzentrum Fassungslosigkeit und das Bemühen, das Unbegreifliche nachzuvollziehen. Die ersten Reaktionen der Ingenieure zeigen das Ausmaß an Schock und Ungläubigkeit im Kontrollzentrum: "Es war doch so ein schöner Tag, um zu landen", stammelt Shuttlemanager Ron Dittemore bei der ersten Pressekonferenz.Wilde Verschwörungstheorien

Wenig später hat man sich in der Bodenkontrolle wieder gefangen. Die Devise lautet nun: Krisen-Management. Schnell kristallisieren sich zwei Fragen heraus: Was lief falsch? Und: Hätte die Tragödie vermieden werden können? Auf beide Fragen gibt es bisher keine klaren Antworten. Ein Gerücht: Terroristen hätten sich als "Hacker" in das Nasa-System eingeschlichen und die Position der Raumfähre verändert. Diese Vermutung gewinnt an Kraft, weil sich mit Ilan Ramon der erste israelische Astronaut an Bord befand, der zudem 1981 einen Lufteinsatz gegen einen irakischen Atomreaktor geflogen hatte. Wilde Verschwörungstheorien nährt auch der Umstand, dass sich das Fiasko über der texanischen Stadt Palestine das englische Wort für Palästina ereignete. Viel wahrscheinlicher ist Experten zufolge eine Beschädigung des Hitzeschildes an der linken Tragfläche. Beim Start hatte sich eine Schaumstoffisolierung des Außentanks der Trägerrakete gelöst und war gegen den Flügel geprallt. Die Bodenkontrolle war sich sicher: "Die Wirkung des Hitzeschildes wird dadurch nicht beeinträchtigt." Diese Einschätzung, nach Nasa-Angaben unterstützt durch mehrere Experten-Analysen, könnte sich nun als tödlicher Irrtum herausstellen. Allerdings hätten die Astronauten im All ohnehin keine wirksamen Reparaturen vornehmen können, sagte ein Nasa-Sprecher. Für Kritiker der Weltraumbehörde ist dies jedoch ein erneutes Indiz, dass die Rettungs-Optionen nicht ausreichen. "Warum kann es nicht möglich sein, dass in solchen Fällen eine Ersatz-Raumfähre die Astronauten zurück holt?", fragt ein Ex-Mitarbeiter der Weltraumbehörde. Eine Antwort darauf erhielt er nicht nur die trotzige Reaktion des Astronauten-Sprechers Bill Readdy: "Wir werden die Ursache herausfinden, das Problem beseitigen. Und dann weiterfliegen."

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